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Ein Monat Rundfunk

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Das Hauptgewicht lag während der letzten Wochen — infolge mehrerer Übertragungen der Wiener und Salzburger Musikfestkonzerte — auf musikalischen Sendungen (abgesehen von dem ausgezeichneten Na ht6tudio .Literarische Kuriosa“ vpn RWR)- Cäsar Bresgens .Der Igel als Bräutigam“, gleich reizvoll für Erwachsene mit Phantasie, Humor und Naivität wie für Kinder, sendete RWR in einer sehr guten Aufführung. Ist das Werk auch von Anregungen verschiedener anderer Komponisten, besonders von Carl Qrff und Kurt Weil!, nicht frei, besitzt es doch einen sehr originalen und originellen Märehensongstii, der zum Thema ausgezeichnet paßt. — Der gleiche Sender brachte in einer Aufführung dfes Bayrischen Rundfunks Carl Orffs „Der Mond“. Teil heiteres Oratorium, teils Oper und Singspiel (hier wäre ein Weg für di echte Rundfunkoper!), wird einem himmlischen Märchen nacherzählt, wie von vier Burschen sich jeder ein Viertel des Mondes nimmt, wie sie mit ihm alt werden und ihn mi in die Gruft nehmen, wo er die Toten rebellisch macht, bi6 ihn Petrus wieder an den Himmel hängt. Das alles ist aufgeteilt auf Orchester, Chor, Soli, Sprechchor und Einzelsprecher, je nach Art und Wichtigkeit der Aussage. Auch hier finden sich verschiedene Anklänge auch an moderne Tanzrhythmen. Das Werk bezaubert durch seine treffdnde Natürlichkeit und komödiantische Ungeniert- heit, desgleichen die Aufführung durch ein Ensemble des Bayrischen Rundfunks.

Es wäre Sache des Rundfunk , die Feste nicht nur zu feiern, wie sie fallen, sondern auch tiefer hineinzuhorchen und ihren Grund- ton, die kirchlichen Feste, zu verstärken. Einzig die Ravag brachte zu Pfingsten Hubert Haßlingere Hörspiel „Die Last der feurigen Zungen : Eine Gruppe Holländer wird während des Krieges im japanischen Besatzungsbereich wegen eines Attentats zur Verantwortung gezogen, und zwei von ihnen sollen erschossen werden, Es melden sich eine Dame und ein Pater freiwillig, die sich am ehesten für den Tod bereit glauben — eben jener Pater, der dem japanischen Kommandanten auf dessen Weg zum Christentum oft geraten und geholfen hatte. Die Last des Heiligen Gėistes trifft beide: den Pater, der den Weg des freiwilligen Opfers geht, und den Kommandanten, der die Schwere des Glaubens und der Liebe Gottes spürt. Ein packendes Hörspiel, realistisch, klar, wie es der Stoff verlangt, ohne vordergründig zu bleiben, Rot-Weiß-Rot brachte ein sehr gute Reportage „Fronleichnam in Treunkirrtwn . Womit auch dieses Fest abgetan war.

Wohin die heftigen! Bestrebungen der Hörerschaft, Einfluß auf das Rundfunkprogramm zu gewinnen, führen würden (nämlich nicht zu geschmacklicher Demokratie, sondern zu künstlerischer Anarchie), zeigte die bisher nahezu einzige -- Firmungssendung „Nobeltag im Prater (RWR), ein eiinne- rungsseliger Spaziergang durch den Wurstelprater, mit süß-reschem Ur-Wiener Göd, aut gewecktem hypermodernem Firmling, eingestreuten Anekdoten und lauwarmen Witzen — und schließlich: sentimentale Erneuerung alter Liebe beim „Eisvogel“, Es soll hier kep nem tierischen Ernst das Wort geredet wer- den; aber es blefbt doch bedauerlich, daß dem Rundfunk zur Firmungszeit nichts Besseres eingefallen war — Demgegenüber war Mol- nars „Liliom“ (Ravag), wenn auch keine Novität, 60 doch ein glänzendes Stück in einer sehr guten Aufführung (Regie Prof. Nüchtern).

Schließlich noch ein Wort zu der Sendereihe „Entdeckungsfahrt in Österreich (RWR): Planung und Ideen sind wirklich originell und gut, die Rundfunkgestaltung ausgezeichnet — gerade deshalb tei es schade (es wurde sehon bei der ersten Sendung darauf hingewie en), wenn 6ich die Interpretationen im Sinn des „Beschwichtigungshofratee“ an den ausgeworfenen Problemen vorbeidrücken. Es Ist sinn- los, junge Künstler wenigs Fragen wie die nach der Situation oder Aussicht des Theaters beantworten zu lassen, das kann nur zu Banalitäten und Oberflächlichkeiten führen. Es wäre aber sinnvoll, unguten Zuständen und heiklen Problemen auf den Grund zu gehen und klar Stellung zu nehmen. Noblesse und sachliche Rücksichtslosigkeit sind durchaus vereinbar.

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