6751877-1967_31_13.jpg
Digital In Arbeit

Eröffnung mit der „Zauberflöte“

Werbung
Werbung
Werbung

Die Salzburger Festspiele haben begonnen. Einzug des Bundespräsidenten in Schloß Kleßheim, Empfang in der Residenz, das übliche Bangen um das Wetter beim Reigen der Fackeltänzer, all dies im Rahmen der magisch erleuchteten Stadt — so verlief nach Brauch und Sitte der Vorabend der Eröffnung. Am nächsten Vormittag: Staatsakt im Cairabinieri-saal mit der Rede des Staatsoberhauptes, der Ansprache des Landeshauptmanns und jener des Unterrichtsministers. Bundespräsident

Franz Jonas wies auf die Bedeutung eines vertieften Kunsterlebnisses angesichts der bedrohlichen Weitlage hin; Landeshauptmann Dr. Lechner entwarf ein Bild von der Universalität der Salzburger Kulturaufgaben und Dr. Piffl-Percevi6 deutete die Salzburger Festspiele als ein Symbol für die kulturelle Mission und schöpferische Potenz Österreichs. Als Festredner kam heuer der achtzigjährige Präsident der Festspiele, Hofrat Bernhard Paumgart-ner, zu Wort. Die Weisheit des Alters und die Beweglichkeit eines immer jungen Geistes erfüllten die eloquente Darstellung mit gültigem Gehalt. Nach Paumgartner ergibt sich die Aufgabe Salzburgs aus dem metaphysischen Zusammenhang der Landschaft, der Kultur und der Tradition mit dem genial Menschlichen, der Mozart mit tiefer Sinmhaftiigkeit an diesen Erdenraum bindet. Damit stellte Paumgartner das einzigartige Phänomen des Genius loci in den Mittelpunkt des Festspielgedankens, worin ihm jedermann zustimmen wird.

Diese Auffassung fand durch die Wahl der „Zauberflöte“ als Eröffnungsoper ihren Ausdruck, und wir wurden überzeugt, daß kein anderes Werk, an den Anfang gestellt, festlicher wäre am festlichen Ort. Das geheimnisvoll phantastische Bühnenbild Teo Ottos und die Inszenierung von Oscar Fritz Schuh erfüllten die Forderungen, die an die Eröffnung eines Weltfestes der Kunst geknüpft sind. Die Aufführung hatte Glanz und Weihe, erfrischende, aber maßvolle Heiterkeit.

Die ungeheuren Schwierigkeiten theatralischer Natur, die das Werk zu lösen aufgibt, liegen nicht so sehr in den Details, von denen jedes seinem Wesen entsprechend leicht gestaltet werden kann, sondern vielmehr in der Notwendigkeit, aus den Verschiedenartigsten Elementen eine organische Ganzheit zu bilden. Und gerade dies scheint mir in der Neuinszenierung der Zaubernöte gedungen. Wie sich in der Musik Mozarts burleske Heiterkeit, Melancholie, Leidenschaft der Empfindung und Hoheit des Geistes harmonisch begegnen und verbinden, entfalten sich die dramatischen Geschehnisse in der wechselnden Phamtastik des Bühnenraums mit natürlicher Gesetzmäßigkeit. Mag man über einzelnes verschiedener Meinung sein: der Gesamteindruck dieser Zauberflöte gehört der Überwirküachkeit des Märchens an und ist damit rationaler Kritik entrückt. Köstlicheres als die Szene mit den Tieren, die gravitätisch schreitenden Riesenvögel — die befrackten Pinguine, die Löwen und der schusselige Ameisenbär —, hat man in dieser Art wahrscheinlich noch nicht gesehen. „Mein Herz ist völlig entzücket aus lauter Vergnügen“, möchte man mit Mozart ausrufen. Scheide, daß man das den Kindern nicht zeigen kann.

Wolfgang Sawallisch ist ein musikalischer Leiter, wie ihn sich jedes Ensemble nur wünschen kann: genau und bescheiden, ohne Extravaganzen und Kraftgenialität, aber getreu. Mozarts Genie in seiner Ur-gesundheit und Wahrhaftigkeit bringt sich in solcher Interpretation selbst zur Geltung. Die Besetzung der Hauptpartien, diesmal ohne Weltstairs, brachte Überraschungen. Durchaus erfreuliche, wie man gerne feststellt. Helen Donath fand als Pamina den innigsten Ausdruck liebender Ergriffenheit. Peter Schreier war ein gleichwertiger Tannino. Er wird in Bälde den Platz des unvergeßlichen Fritz Wunderlich einnehmen. Mit schwindelerregender Bravour meisterte Sylvia Geszty als Königin der Nacht alle Schwierigkeiten dieser Partie. Kristallen klangen die Koloraturornamente, die Spitzentöne kamen mit unglaublicher Sicherheit. Franz Crass war ein hoheditsvoller Sarastro. Von dem Paar Papageno-Papagena erwartet man hierzulande immer einen gewissen Pawlatschen-ton. Daß er entbehrlich ist, demonstrierte Hermann Prey mit sordi-niertem Humor, Judith Biegen mit federleichter Anmut. Die Nebenpartien hatten durchaus Festspielniveau. Als berufene Pfleger des Mozartischen Erbes erwiesen sich die Wiener Philharmoniker und der machtvoll singende Staatsopernchor.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung