Ich fall' für Zwei

Kaum, daß meine geliebte Frau Helga irgendeine ihrer stets zahlreichen Taschen und Einkaufssackerln im Vorzimmer plaziert, höre ich schon ihre warnende Stimme: „Paß' auf und fall' nicht drüber...!"

Als Bauknecht - welcher Ehemann ist kein Hilfsdiener an der ewigen Baustelle einer Altbauwohnung -weiß ich, was (m)eine Frau wünscht: Daß ich mit heilen Knochen die Küche erreiche. Helga ist besorgt, sie kennt nämlich meine bevorzugten Eigenschaften: Vorliebe für TV-Krimis und ein mangelnder Widerstand gegen die Tücken des Gravitationsgesetzes. Noch dazu bin ich ein feiger (Spieß-)Bürger - mit Pommes garniert -, der sich eher die Knochen als das Fall-Gesetz bricht. Allerdings: Wenn ich falle, dann für Zwei. So hört es sich zumindest an.

Als altersmäßig aus- und eingehender Macho verstand ich es nie, warum es „gefallene Mädchen", jedoch keine „gefallenen Buben" gibt. Seit ich auf der Welt bin, gibt es einen: mich!

Im frühen Kleinkindalter lernte ich zunächst liegen, dann sitzen - damit wurde mein Krimi-Interesse geweckt - und später vergaß man, mir das Gehen beizubringen. Folgerichtig sah mich der schulische Turnsaal so gut wie nie, von freien Sportplätzen ganz zu schweigen.

Analog dem Leninschen Prinzip -„Zwei Schritte vorwärts, ein Schritt zurück" - torkelte ich, statt fest zu gehen oder gar zu marschieren, durch zwei Diktaturen. Ich bevorzuge auch keine Revolutionen. Dem Eigenbau-Lehrsatz folgend - „Wer Barrikaden baut, bringt andere zum Stolpern!" -verlasse ich mich lieber auf den freien Durchfall nach Prüfungen und Bewirtungen. Mein Fall' für Zwei hat nichts mit Komplexität oder gar Duplizität meiner - kilomäßig — schwerwiegenden Person zu tun, sondern bezieht sich ausschließlich auf die körperliche Ungeschicklichkeit.

Andere Männer basteln gern und rufen die Professionisten erst, wenn es schon zu spät ist. Ich nicht. Ich lege auch keine Leitungen, sondern stehe nur auf ihnen, wenn diese lang genug sind, ich repariere keine Geschirrspülmaschinen, sondern trockne nur ab und verwende dabei meist das falsche Geschirrtuch. Ich kann auch keine Sicherungen auswechseln, erst recht nicht die eigenen, wenn sie durchbrennen und bin lieber ein Mund- und kein Handwerker.

Meine spezielle Stärke liegt in der allgemeinen Schwäche und deshalb nimmt man mir alles aus der Hand. Dafür stolpere ich hervorragend, wenn auch nicht sehr gerne. So stolperte ich, wie erwähnt, nicht nur durch zwei Diktaturen und eine Revolution, sondern auch über die österreichische Staatsgrenze - meine Ungarn-Flucht 1956 war allerdings kein „Burgenländer-Witz" - und fiel beglückt, anders als einst meine hunnischen Ahnen, über Österreich herein. Ich fall', im krassen Widerspruchzum Gravitationsgesetz des Schicksals, im Privaten wie im Beruflichen gerne (hin-)auf.

Ich fall' - und das ist höchstens halbkriminell - für Zwei; mit Vorliebe im Vorzimmer. Bumm!