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IM STREIFLICHT

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DIE Krise der kleinen Theater ist akut ge- worden. Noch versucht man, durch „Gastspiele" ein Kellertheater gastiert im benachbarten Theaterkeller, während der eigene leer steht) die Löcher im Spielplan zu verbergen, aber das wird nicht mehr lange gehen. Von einer Bühne hört man, daß sie, kaum eröffnet, demnächst schließen möchte, eine andere hat trotz namhafter — und ziemlich ausschließlicher — Förderung durch das Unterrichtsministerium kein einziges spielenswertes Stück eines jungen Oesterreichers entdeckt. Die Pausen zwischen den einzelnen Aufführungen werden immer größer, und oft verraten nur Plakate, daß ein Theater noch am Leben ist und „ein neues Stück vorbereitet". Diese Krise hat mehrere Ursachen. Als die Kellertheater aufkamen, war die Krise der großen Theater akut. Eine neue, rettende Idee wurde da im Keller geboren. Das Theater am Parkring, nicht das Burgtheater, spielte „Gottes Utopia" und das „Abgründige in Herrn Gerstenberg", das Kleine Theater im Konzerthaus, nicht das Akademietheater, machte die modernen Franzosen bekannt. Hier im Keller war eine begabte Generation am Werk, spielten junge Schauspieler, verwirklichten junge Regisseure ihre Einfälle. Die begabtesten unter ihnen haben heute längst ihren Vertrag mit einer großen Bühne, sind „unter Dach und Fach": Und wie sieht der Spielplan heute aus? Das Burgtheater spielt Fry und Miller, das Theater am Parkring eine Farce. Das Akademietheater spielt Lorca und Anouilh, das Kleine Theater im Konzerthaus einen simplen Reißer. Die Ausnahme bildet nur das „Kaleidoskop" in der Secession, wo frische, unverbrauchte Kräfte am Werke sind, und wo statt einer Posse „Die Ballade vom nackten Mann" des “ tragisch dahingeschiedenen Raimund Berger, statt eines Reißers „Leoncę und Lena" von Georg Büchner gespielt wird… Zwar hat die Wiener Landesregierung an zwei der Kellerbühnen, denen am ehesten noch zu helfen sein wird,» jetzt namhafte Forderungssummen ausgeworfen und ein kompliziertes „Punktesystem" für monatliche Unterstützungsprämien ausgedacht, aber es bleibt abzuwarten, ob sich dadurch die Lage der Kleinbühnen, die ein für allemal dazu verdammt scheinen, nur Durchgangsstationen für aufstrebende Talente zu sein, wird entscheidend bessern lassen …

ZUR Berufung Dr. Karl Böhms als Leiter der

Wiener Staatsoper schreibt ein „demokratisches" Morgenblatt: „Die musikalische Linke rühmt ihn als modern eingestellten Musiker und schreibt ihm Aufgeschlossenheit gegenüber der Neumusik zu. Sein ,Wozzeck‘ und sein .Prozeß waren ausgezeichnete Leistungen …" Diese Bemerkung bedarf eines Kommentars und' einer Richtigstellung. Die Freunde und Förderer der zeitgenössischen Kunst wären also die „musikalische Linke". Und die „musikalische Rechte"? Die zieht mit der politischen Linken, den Antiformalisten und Kominformisten, am gleichen Strang. Es weiß die „Rechte" halt nie, was die Linke tut, die richtige Linke nämlich. Oder weiß sie’s doch, und hilft ihr trotzdem?

IN der „Oesterreichischen Musikzeitschrift" er- schien anläßlich des Jubiläums ihres 60jäh- rigen Bestandes ein Tätigkeitsbericht der „Gesellschaft zur Herausgabe der Denkmäler der Tonkunst in Oesterreich", der nunmehr auch als Sonderdruck an die Presse geschickt wurde, vermutlich zur publizistischen Auswertung. Wir erfahren aus diesem Bericht nicht nur vom erfreulichen Gedeihen dieser hochwichtigen und repräsentativen Publikationsreihe, sondern der Autor flicht auch alle möglichen persönlichen und polemischen Bemerkungen ein, die in dem lapidaren Satz kulminieren: „Daß Wien heute als einzige Universität der Welt eine musikwissenschaftliche Lehrkanzel hat, deren Inhaber ein Publikationsunternehmen von der Dignität der .Denkmäler leitet, eröffnet den Studierenden hier ganz neue Möglichkeiten …" Gemeint ist — der Leser hat's wohl schon erraten — der Verfasser besagten Berichts, der sich hier, neben die großen historischen .Denkmäler , ein eigenes kleines Privatdenkmal gesetzt hat. Was wir ein wenig unpassend finden.

DER Streit um das Stadtmuseum am Karlsplatz scheint entschieden: Der Wiener Gemeinderat hat das Stadtbauamt ermächtigt, mit Professor Oswald Haerdtl, dessen Entwurf für das Museum neben anderen Projekten angekauft worden war, über die Erstellung eines Ausführungsentwurfes zu verhandeln. Noch einmal sei bei dieser Gelegenheit daran erinnert, daß eine befriedigende Lösung des Problems der Neugestaltung des Karlsplatzes nur dann gefunden werden kann, wenn das Stadtbauamt nicht nur für den Tag, sondern für Jahrzehnte plant: noch liegen keine gültigen Entwürfe für eine Neugestaltung des ganzen Karlsplatzes vor, und erst wenn diese vorliegen, kann man von einem Architekten eine befriedigende Lösung für die Errichtung eines Museumsbaus verlangen. Jede Planung „ins Blaue", oder gar „ins Blinde", kann nur schaden, indem es die spätere Neugestaltung des Karlsplatzes präjudiziert.

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