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Künftige Paraden planen

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Für heuer ist das Thema Bundesheerparade abzulegen. Aber das sollte man nicht tun. Denn Jubiläen kommen immer wieder. Und die Argumente werden sich kaum ändern.

1. Eine öffentliche Verkehrsfläche soll nicht nur für den Mai-Aufmarsch verwendet werden.

Tatsächlich ist die Ringstraße vom täglichen Individualverkehr abgesehen zu wenig genutzt. Man sollte aber nicht vergessen, daß sie zwar irgendwie die Nachfolge von Glacis und Bastei angetreten hat, somit für Aufmärsche und die Darstellung von Verteidigungsbereitschaft prädestiniert ist, aber sich schon für andere Demonstrationen bewährt hat - von Professoren in Talaren, von Bauern auf Traktoren, von Opernballgeg-nern, von Staatsbesuchen in Begleitung weißer Mäuse, und so weiter.

2. Eltern wollen ihre Söhne in Ausübung des Dienstes sehen. Parade ist Dienst und hat hohen Ausbildungswert.

Vielerorts, besonders in den Bildungsstätten des Nachwuchses, werden Tage der offenen Tür veranstaltet. Unsere Kinder - die vom Karlsplatz wie die Teilnehmer des Wiener Ferienspiels, ausgeflippte Fußballfans, protestierende Studenten - erfreuen sich nur selten der Aufsicht ihrer berufstätigen Eltern. Die Vorführung wenigstens eines kleinen Teils ihrer uniformierten Kader an einem arbeitsfreien Tag ist eine sympathische Spielart einer nichtbeamteten öffentlichen Amtshandlung, die nicht wie Steuerfahndung oder Flüchtlingsabschiebung gegen Menschen gerichtet ist, sondern unterhält.

3. Das Heer ist eine wesentliche Grundlage der Souveränität unseres Staates, aber auch unserer Sicherheit. Wenn der Soldat uns in einer Großveranstaltung Selbstbehauptungswillen und Wehrfähigkeit vorführen darf, und wir ihm vorführen, daß wir auf ihn stolz sind, dann wird er notfalls für uns kämpfen und sterben.

Umfragen zufolge hat der Österreicher die Vorgaben der Heeres-Öffent-lichkeitsarbeit, die ja meist nur marginal von militärischen Ernstfällen spricht, völlig zu einer Freund-und Helfer-Vorstellung verinnerlicht, in der nur die Zivildiener noch nicht gänzlich aufgegangen sind.

4. Paraden waren im Laufe der Geschichte immer üblich.

Stimmt, aber sie sind nur eine sehr spezielle Form von Selbstdarstellung - für Feldherren und Soldaten - und manchmal auch Ablenkungsmanöver der Herrschenden. Wir haben mehr zu zeigen. Man müßte daher alle Berufe, Stände, Klassen marschieren lassen. Greifen wir aus und zurück zu bewährten historischen und von Phantasie beflügelten Repräsentationen nationaler und sonstiger Identität:

■ Umgangsriesen, Perchtenläufe und Trachtenumzüge,

■ Fronleichnams-, Auferstehungsund Bittprozessionen,

■ Lipizzaner und Blaskapellen,

■ Makartfestzug und Faschingszug der Wiener Kaufmannschaft,

■ Schützengilden, Stadtmarathon,

■ Marsch der Bundesregierung zu Angelobung und Demission.

Beschränken wir uns nicht auf Wien. Erlauben wir zum Beispiel auch dem Wiener Neustädter Bürgermeister seine jährliche Leutnantsparade, die vielleicht nicht gesellschaftlich, aber angesichts einiger tausend Zuschauer wirtschaftlich viel bedeutender ist als seinerzeit das Debüt der Jungadelsdamen bei Hof.

Sorgen wir das ganze Jahr vor. Auch wenn Ecclestone den Hirschmann nicht hörnt und Häupl den Stei-rern nicht ihr Vergnügungs-Zelt wegnehmen will, muß Lauda ernstgenommen werden: Ein neuer Österreich-Ring (Wiener Stadtkurs) als permanente Rennstrecke würde in den umliegenden Bezirken Dauer-Megastaus hervorrufen, die jeden Aggressor von der Innenstadt abhalten (Raumverteidigung: Die Räume eng machen). Vom Turm zu St. Stephan blase man den Feinden Österreichs den Radetzky-Marsch. Keine Frage, daß sich für ein solches Dauerspektakel auch jede Menge Sponsoren finden werden.

Da hat doch ein Altpolitiker diskriminierend von Fetzenpuppen gesprochen - das kränkt nicht nur die Soldaten, sondern uns alle. Rollen nicht die Fetzen, die blauen Riesen, auf den Rädern des harten Schillings zum Triumph des Sozialstaates? Eilte nicht das Wunderteam aus der Kraft des Fetzenlaberls von Sieg zu Sieg? Liegt nicht im Fetzenschädel die Genialität des Österreichers? Ist nicht der Fetzen tandler Ausdruck unserer innovativen Gesinnung?

So trete der Österreicher hin vor jeden!

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