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Operetten in der Sommer-Arena

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Als Emmerich K ä 1 m ä n 1926 seine Operette „Die Zirkusprinzessin“ komponierte, war er längst schon der gefeierte „Meister Kälmän“. Wien erlebte die Glanzzeit der Ära Marischka im Theater an der Wien, der Direktor, Regisseur und erste Tenor des Hauses scheute, wie immer, keine Kosten, um die Novität mit aller Ausstattungspracht herauszubringen. In goldverschnürter Uniform sang er mit der „göttlichen“ Betty Fischer das große Liebesduett. Anders als die „Gräfin Mariza“, bei der das Librettisten-paar Brammer-Grünwald die Handlung in die aktuelle Nachkriegszeit verlegt hatten, erdachten sie um die Zentralfigur des ehemaligen feudalen Husaren, der aus Liebeskummer umsattelte und ein tollkühner Artist wurde, ein elegantes, aristokratisches Operettenrußland, ähnlich wie Lehärs Autoren für den „Zarewitsch“. Die „Zirkusprinzessin“ ist, einmal ernsthaft betrachtet, symptomatisch für die Grenzsituation der „leichten Muse“ in jenen Jahren. Den alten Imre-bäcsi erkennt man an zündenden Nummern ungarisch-wienerischer Operettenherrlichkeit, einfallsreich paßt sich der Weltmann Kälmän den damals neuen Rhythmen internationalen Gepräges an, und in einigen Duetten gibt es deutliche Anklänge an den chansonhaften Ton der musikalischen Komödie. Mit der „Zirkusprinzessin“ also er-

öffnete das Stadttheater Baden 6einen bereits zur sympathischen Tradition gewordenen „Operetten-Sommer“ in der Arena im Kurpark. Walter S o f k a führt Regie: fesch macht er das, recht fesch. Lilo W o 11 n e r und Oscar Steiger, Gast aus Luzern mit hünenhafter Erscheinung, singen sich mit viel Verve allen Hemmnissen zum Trotz ins große Glück. „Bewährte Kräfte“, die für gute Unterhaltung sorgen: das Buffo-Paar Martha Z ö c h 1 i n g und Leo S e 1 e n k o, Hansi H ü b 1 als sachereske Hotelchefin und Karl D o p 1 e r als getreuer alter Ober. (Einst spielte Hans Moser diese Rolle.) Ein flotter Beginn!

Eigentlich wollte Eduard Künnecke den „Zarewitsch“ komponieren. Als ihm aber der Librettist Bela Jenbach in den lebhaftesten Farben schilderte, wie begeistert Franz Lehär von dem Stück der polnischen Autorin Gabryela Zapolska sei, verzichtete er großmütig auf den Stoff. Voll Feuereifer ging, der Wiener Meister fodWiriiArteit, ließ . daa, .„-.Soldaten ata VMgM&“ sehr-, knapp an deri, Grensei der Sentimentalität ;• Posto fassen, schrieb aber auch die großen, weit weniger populären Duette, an denen sich erweist, wie er die musikdramatischen Kunstmittel Puc-cinis, Richard Strauss' und Leoncavallos im Bereich der „heiteren Muse“ anwendet und damit die wirklichen Höhepunkte dieser Operette setzt.

Die Badener Sommer-Arena kommt uns also zum zweitenmal russisch, mit beträchtlichem Aufwand an Epauletten, Fangschnüren, Goldborten und Laekstie-feln. Statt der Newa rauscht die Römerquelle. Oscar Steiger, der Luzerner Gast, gibt der Rolle des einsamen jungen Toren, der nicht die ihm zugedachte Liebelei, sondern die wahre Liebe kennenlernt und zu bald auf sein Glück verzichten muß, was sie braucht: Gefühl und stimmlichen Wohllaut. Lilo W o 11 n e r gewinnt sich nicht nur durch ihren Gesang, sondern auch durch ihre sympathische frauliche Ausstrahlung die Sympathien des Publikums. Badens Stamm-Buffo, Leo S e 1 e n k o, zeigt sich als lustiger Wiener in seidener Russenbluse. Temperamentvoll wirbelt Maria K a c e r über die Bühne; manchmal macht sie ein bißchen zuviel altmodisches Soubrettentheater. Walter S o f k a, der Regisseur der Aufführung, ist ein Großfürst mit Charme und der Haltung eines altösterreichischen höheren Ministerialbeamten. Viel Beifall und Wiederholungen der großen Erfolgsnummern, wie sich's bei einer richtigen Operette eben gehört.

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