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Große Chorwerke

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Händels Oratorium „Der Messias“ erklang — nach längerer Pause — im ersten Konzert des Zyklus „Hundert Jahre Wiener Singakademie“. Die Leistung des Chors war in der Tat eine jubilante, von einer Exaktheit und Gelöstheit zugleich, die wir als ihre vielleicht bisher beste buchen. Einen weniger guten Tag hatte das Orchester, dem besonders in den Streichern die Händelsche Ruhe und Breite ebenso fehlte wie die Exaktheit. Ein ständiges Vorausschlagen der ersten Geigen machte sich störend bemerkbar. Im Solistenquartett fiel Murray Dickies heller Tenor als überragend auf. Daß die singenden Stimmen das Werk zum großen Erlebnis machten, ist das Verdienst des Chorleiters und Dirigenten Hans Gillesberger, das nicht geringer wird dadurch, daß einige Tempi in ihrer Rasanz über das Händelsche Maß hinausgingen. Der im Programmheft abgedruckte Text deckte sich nicht mit dem, den die Solisten sangen. Das Publikum lauschte tief ergriffen, bis einige derbe Händeklatscher bewiesen, daß sie es nicht waren.

Zu einem Totengedenken in der Augustinerkirche lud die B a c h - G e m e i n d e und brachte das „R e q u i e m“ von W. A. Mozart zu einer stimmungsvollen Wiedergabe, die sich zwar aus der Schale des Durchschnitts nicht ganz zu lösen vermochte, aber doch im einzelnen und ganzen anerkennenswerte Leistungen bot, von denen die des Solistenquartetts obenan steht. Die Tempi wurden hier eher zu schleppend als zu schnell, was vermutlich durch die ungünstige Raumakustik bedingt war. Anstatt des dem Requiem angefügten „O Jesus Christ, mein’s Lebens Licht“ von J. S. Bach hätten wir allerdings, der kirchlichen Zeremonie entsprechend, ein „Libera me, Domine“ passender gefunden. Auch hier stand die singende Leistung einiges über der instrumentalen, und auch hier ist sie das Verdienst des Chorleiters und Dirigenten Julius Peter.

Stärksten Ausdrück fand das Allerseelengedenken in einer Wiedergabe von Johannes B r a h m s’ Meisterwerk „Ein deutsches R e q ü i e m" durch Staatsopernchor und Philharmoniker unter Rudolf M o r a 11. In selbstverständlicher Disziplin wüchsen Solisten Jurinac und Braun, Chor und Orchester zu jener Einheit des Ausdrucks, die immer wieder gewaltig ergreift, zumal sie diesem Werke schon vom Entwurf her zugrunde liegt, der ein ursprünglich rein persönliches Erlebnis zum allgemeinen Menschheitserlebnis aufbaut. Diesmal fehlten die unbedingten Händeklatscher, und das Publikum durfte seine Ergriffenheit andächtig ausklingen,lassen.

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