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Die Handschrift der Meister

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Wir meinen die persönliche Note und Aussage, wie sie sich in den letzten Werken einiger zeitgenössischer Komponisten spiegelt; und wir bezeichnen sie -m in aller Oeffentlichkeit und gewissermaßen mit gutem Gewissen — als „Meister“, seit zwei von ihnen (deren Werke beim 5. Internationalen Musikfest im Konzerthaus gespielt werden) nunmehr von der Gesellschaft der Musikfreunde zu Ehrenmitgliedern ernannt und damit coram publico in die Gefolgschaft der wahrhaft Großen eingereiht wurden.

Den Abschluß — in Wirklichkeit den Clou — des Eröffnungskonzertes bildeten die „Symphony in three Movements“ aus dem Jahre 1945, Strawinskys bedeutendstes symphonisches Opus, in dem eine Synthese von konzertantem Musizieren und symphonischer Form versucht wird. Reiche kontrapunktische Arbeit im ersten Satz, elegante Parodie gewisser Grundfiguren des vorklassischen Adagios und ein rhythmischer Impetus, der an Strawinskys impetuose Anfänge erinnert, im Finale: das ist mit immer neuen Klangkombinationen und mit einer Sicherheit verwirklicht, die das Signum der Meisterschaft tragt.

Durch eine Welt davon geschieden: Alban Bergs Violinkonzert, ein Requiem von allerpersönlichster Aussage, keinem Zeitstil verpflichtet und nur die innere Stimme hörbar machend; fast zu persönlich-intim für den Konzertsaal, fast zu differenziert, um leben zu können, ergreifend schön und traurig, dem „Andenken eines Engels“ gewidmet und zugleich Alban Bergs Schwanengesang (Arthur Grumiaux war der bewundernswürdige Interpret des Soloparts).

Honeggers „M onopartita“ aus dem Jahr 1951, einsätzig, reiht sechs kurze Teile ohne aufs erste erhörbare motivische Verknüpfung aneinander, verbindet diese aber um so enger durch den in strenge Zucht genommenen lyrischen und orchestralen Ausdruck und prägt ihnen jene Züge der persönlichen Verdüsterung auf, die wir nicht nur aus Honeggers letzter Symphonie („Di tre re“), sondern auch aus seiner Autobiographie herausgelesen haben.

Paul S a c h e r realisierte mit Kraft und Schwung, Intensität und Brio jedes Detail der drei Partituren. Drei Meisterwerke und ein Meisterdirigefit vor den Wiener Symphonikern: das gab einen guten Klang und einen festlichen Auftakt.

Das erste Kammerkonzert brachte uns nur zwei, neue Werke. Einems „Serenade für doppeltes Streichorchester“ hält sich vor allem in den beiden Mittelsätzen streng an den Genretitel, der einfache Form und gefällige Melodik verheißt (hierfür gebührt dem Komponisten auch eine spezielle Anerkennung für strenge Tonalität). In den beiden Ecksätzen geht es lebhafter zu, erfreulich lebhaft und rhythmisch, nicht ohne Assistenz Strawinskys („Dumbarton Oaks“).

Boris Blachers 2. Klavierkonzert „in variablen Metren“ ist eine geistvolle und geistreiche Studie (zunächst), in der immer umfangreichere metrische Figuren aneinandergereiht und kombiniert werden; außerdem aber eine fesselnde Konzertetüde für Kammerorchester und Klavier, von Gerty Herzog mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit interpretiert und von Heinrich Hollreiser virtuos geleitet. Neben den schlagtechnisohen Schwierigkeiten dieses Stücks wirken die des „Sacre du printemps“ wie eine Vorschule. Uneingeschränktes Lob verdient auch das Kammerorchester. — Krönung des Programms war Bartoks „Divertimento“, während das von Sirio Piovesan gespielte Konzert F-Dur von Tartini nur zu Verlängerung, aber nicht zur Bereicherung des Programms beitrug.

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