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Im Escorial, unterm Sternenhimmel

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Auf dem Programm des ersten und voraussichtlich letzten Ballettpremierenabends der Wiener Staatsoper in dieser Saison standen Wolfgang Fortners „Weiße Rose" und „Die Planeten“ von Gustav Holst, einem in England beheimateten Komponisten schwedischer Abstammung, der, sechzigjährig, 1934 gestorben ist. Fortners Ballett wurde vor zehn Jahren an der Städtischen Oper Berlin unter der choreographischen Leitung von Jens Keith uraufgeführt; „Die Planeten" von Holst sah der Verfasser dieses Berichts 1931 in der Berliner Linden-Oper mit Harald Kreutzberg und Yvonne Georgi, die sich übrigens bei der Wiener Premiere im Zuschauerraum befand ...

„Die weiße Rose“ basiert auf Oscar Wildes Märchen „Der Geburtstag der In fantin", das seinerzeit auch Franz Schreker zu einer Ballettmusik angeregt hat. Es ist die tragische und makabre Geschichte von einem Zwerg, der vor der spanischen Prinzessin seine Kapriolen vollführt und der die weiße Rose, welche ihm die Infantin zuvvirft, als Gunstbeweis auffaßt. Aber ein Spiegel enthüllt ihm seine Häßlichkeit und das grausam-gedankenlose Spiel, als dessen Opfer er tot zusammenbricht. — In der siebenteiligen, prunkvoll orchestrierten Suite „Die Planeten" versucht Holst, „die astrologischen Stimmungen der Planeten, ihr Wesen und Wirken, in rein musikalischen Vorgängen auszudrücken".

Diese beiden interessanten, sehr gegensätzlichen Ballette, deren jedes etwa 50 Minuten dauert, hat Erich Walter Choreographien und sein Mitarbeiter Hein rich Wendel im Sinn des von beiden angestrebten musikdramatischen Gesamtkunstwerks ausgestattet. Für „Die weiße Rose“ schuf Günther Kappel, für „Die Planeten“ Xenia Chris die Kostüme. Und man kann diesem in vielen modernen Ballettaufführungen bewährten Team bestätigen, daß sie gute, tüchtige Arbeit leisten. Der Escorial, in dem „Die weiße Rose“ spielt, war durch wenige Dekorationen, düster glühende Kandelaber und sparsame Dekorationen stimmungsvoll symbolisiert. Der siebenmal wechselnde Sternenhimmel bot einen prächtigen Anblick und nützte die große Bühne der Staatsoper auf Neu-Bayreuther Art.

Die Choreographie Erich Walters ist genau durchdacht und originell. Wenn im ersten Ballett trotzdem nicht jene Faszination erreicht wird, auf die es ankommt, so lag das an der im Detail zwar fesselnden, aber im ganzen doch ziemlich spröden Musik Fortners, so daß die Solisten Edeltraut Brexner, Richard Novotny, Erika Zlocha, Lisi Temple. Karl Musil, Paul Vondrak, Lucia Schwab, Christi Zimmerl und andere oft mehr gaben, als in der Musik steckt.

Dagegen eignet sich die pompöse, neuromantische Partitur von Holst, mit vielerlei Anklängen an Ravel, Sinding und rhythmischen Finali a la Künneke, vornehmlich zu eindrucksvoller Gruppenchoreographie und Massenregie. Hi r gab es, etwa gleich zu Beginn (Mars, mit Willy Dirtl als Solisten), starke Momente und auch schöne Einzelleistungen, so besonders in den Bildern „Merkur" und „Saturn“ (die Damen Brauer, Zlocha, Schwab, Wührer und Temple sowie die Tänzer Vondrak, Hieß, Raimund und Jandosch).— Die schwierige Fortner-Partitur wurde von Hans Georg Schäfer exakt interpretiert; bei den „Planeten“ trat Herbert von Karajan ans Pult und verlieh der Musik Holsts orchestralen Glanz. Langanhaltender Beifall und viele Vorhänge für alle Beteiligten.

Diese Premiere wird für längere Zeit die letzte in dieser Spielzeit gewesen sein, da eine Einigung mit dem technischen Personal (siehe „Die Furche“ vom 25. November) bisher nicht erzielt werden konnte und sämtliche vorgesehene Premieren, mit Ausnahme vön „Rigoletto" und „Fidelio", vorläufig abzesaet werden mußten.

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