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„Rigoletto“ und „Don Carlos“

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Unter der Leitung von Alberto E r e d e wurde in der Staatsoper „Rigoletto“ mit drei italienischen Gästen, der Südamerikanerin Jean Madeira und einer Reihe einheimischer Sänger gegeben, die sich alle zusammen, in Spiel und Sprache, nicht schlecht zur Einheit fügten. Die Regie Mario F r i-g e r i o s ist ebenso konservativ wie die Bühnenbilder von Alexandre B e n o i s. Aber die Musik klang so neu und erregend, daß man die vielen abgespielten und zersungenen Nummern kaum als solche wahrnahm. Das war vor allem das Verdienst des ausgezeichneten Dirigenten Alberto Erede, der der geborene Verdi-Interpret ist, — Von den männlichen Darstellern ist an erster Stelle Ettore Bastianini als Rigoletto zu nennen: ein guter Schauspieler und ein noch besserer Sänger, mit einem wohlklingenden, modulationsfähigen und dunkel timbrierten Organ. Giuseppe di Stefano sang den Herzog trotz vorübergehender Indisposition mit dramatischem Ausdruck und lyrischem Schmelz. — Die passive Rolle der Gilda gestaltete Hilde G ü d e n mit hoher Intelligenz und sang sowohl die lyrischen wie auch die Koloraturen mit perfekter Technik und vollendet schön. Jean Madeira gab der Rolle der Maddalena Profil und Feuer. — In den übrigen Rollen: Mario Petri, Norman Foster, Hans Schweiger, Dorothea Frass, Margareta Sjöstedt u. a.

In Verdis „Don Carlos“ hörten wir bei aufgehobenem Abonnement und zu erhöhten Preisen eine Reihe sehr schöner italienischer Stimmen: Giu-lietta Simionato als Eboli, Nicola Zaccaria als Großinquisitor, Giuseppe Zampiero in der Titelrolle und Ettore Bastianini als Posa. Die Reihe wurde ebenbürtig ergänzt durch Otto Edelmann (König Philipp) und vor allem durch Sena Jurinac (Elisabeth), deren Tiefe der Gestaltung von den italienischen Gästen nicht erreicht wurde, der Posa Bastianinis ausgenommen. Alberto Erede als musikalischer Leiter erreichte ein gerüttelt Maß an Präzision und dynamischer Ausgewogenheit. Die Bühnenbilder (Kautsky) bleiben von Anfang bis Ende düster, die Inszenierung (Jerger) ist nicht immer glücklich. Der Chor, sonst gut, gelegentlich vom Orchester übertönt, singt mitten im alles beherrschenden Italienisch plötzlich (schlechte) deutsche Verse Die Zuhörer spürten hinter dem spontanen Beifall für die großen Stimmen der Italiener das Unbehagen*: Haben wir noch eigentlich ein Staatsopernensemble? Werden unsere Sänger in die zweite Linie, ins „Nachsingen“, gedrängt? Wird sogar der Spielplan derl Gästen angepaßt? „Don Carlos“ in Ehren, aber „Falstaff“ wäre uns nicht nur lieber, sondern der Staatsoper auch nötiger und fälliger gewesen. Das Gesicht der Stagione guckt aus den Kulissen immer deutlicher heraus. Wo ist die große Oper mit unseren Sängern? Erst brauchen wir diese, und zwar unbedingt; erst in ihrem Besitze gewinnt die große Geste für die großen Gäste ihre tiefere Bedeutung, ihre ausgewogene Herzlichkeit.

Franz Krieg

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