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Das vollkommene Alterswerk
Die Verdi-Festspiele 1951 wurden in Rom durch den italienischen Staatspräsidenten eröffnet; anschließend gab man unter der Leitung von Fernando Previtali die Jugendoper „Nabucco“. — Die Wiener Staatsoper begann ihren Verdi-Zyklus mit dem vollkommenen Alterswerk „Falstaff“.
Unmittelbar, nachdem Arrigo Boito dem 76jährigen Meister das Textbuch angekündigt hatte, schrieb Verdi, er vergnüge sich damit, Fugen zu machen. Und mit einer burlesken zehnstimmigen Fuge endet die Oper, deren Partitur überreich ist an kontrapunktischen Künsten, Nachahmungen, Engführungen u. a. Der kammermusikalischen Struktur des Orchesterparts, der von meist kurzen Bewegungsmotiven beherrscht wird, entspricht das nur durch wenige Arietten unterbrochene Parlandcc auf der Bühne. Mit diesem Werkstil steht Verdi in der Reihe Mozart, Nicolai, Mendelssohn, Wolf-Ferrari und Richard Strauß (besonders „Capriccio“).
Dieser Stil erfordert zu seiner Darstellung ein homogenes Ensemble, das mit Geist, Temperament und Genauigkeit geführt werden muß. Clemens Krauß, dem die Staatsoper diese wegen ihrer Schwierigkeiten gefürchtete Oper anvertraut hat (sie wurde in Wien seit 1893 nur fünfzigmal gegeben), bringt alle Voraussetzungen für eine ideale Interpretation mit. Bühnenbildner und Regisseur hielten 6ich von jeder Manier fern und strebten Natürlichkeit, die man auch mit Realismus bezeichnen mag, an. Erni Knieperts Kostüme belebten die etwas zu massiven Bühnenbilder mit freundlichen Farben. Umso organischer schloß sich an die „Welt des Tages“ die Traumsommernachtstimmung der letzten Szene im Park von Windsor. Die neue deutsche Uber-tragung des Textes von Prof. Hans Swa-rowsky kommt nicht nur dem Sinn, sondern — wegen der besseren Sangbarkeit — auch der Musik und damit der Gesamtwirkung sehr zugute.
Als Falstaff war Otto Edelmann vor allem stimmlich sehr befriedigend, während er in der Erscheinung (aber das ist niemandes, vor allem nicht seine Schuld!) wie ein ausgestopfter junger Mann wirkte. Hilde Güden, mehr Dame als die von Verdi charakterisierte „Person, die den Teufel im Leibe hat“, kam ihrer Mrs. Alice bereits näher. Fast auf gleicher Höhe befanden sich die achtbaren Leistungen der übrigen Sänger: A. PoelL R. Christ, K. Preger, A. Jaresch, E. Kunz, A. Felbermayer, R. Anday, S Wagner u. a Doch ebenso wichtig wie die Stimmen der Sänger sind in dieser Oper die der Orchestermusiker, die einzeln angeführt zu werden verdienten: jeder ein Solist...
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