6568531-1950_08_15.jpg
Digital In Arbeit

Solisten und Quartette

Werbung
Werbung
Werbung

Anton Heiller, dessen Orgelspiel sich immer mehr zum großen Stil formt und damit über den Typ des modernen Organisten hinaus zum Ausdruck schöpferischer Persönlichkeit wird, erwies die Tragfähigkeit dieses Stils in einem Konzert mit Werken Johann Sebastian Bachs, deren teilweise kühne Interpretation zu Debatten unter den Fachleuten führte. Das Neuartige erwuchs indes- aus keinerlei Sensationsbedürfnis, sondern aus dem überaus ernsten Versuch, Bach nicht nur durch die Tradition allein, sondern auch durch die eigene Persönlichkeit zu erfassen; ein Versuch, zu dem gerade Heiller trotz seiner Jugend durch die strege Disziplin seiner technischen Leistung berechtigt sein mag. Daraus resultiert seine gleichsam intime Betreuung der Choralvorspiele, die sich in ebenso aparter als stilistisch meisterhafter Registrierung ausdrückt, davon auch die großen Formen (Phantasie G-dur, Dorische Toccata, Passacaglia) in ihrer wuchtigen Gliederung noch berührt sind. Einzig im Präludium und Fuge D-dur rechtfertigte ein virtuos durchgehaltenes Tempo eine freskoartigere Tönung. Uber alle Für und Wider hinweg gehört Heiller zu den großlinigen Organisten unserer Zeit.

Felicitas Karrer, die konsequenteste der jungen Pianistinnen, bot in der Wiedergabe zweier Beethovenscher Klavierkonzerte an einem Abend (B-dur und c-moll) eine ebenso äußerlich umfassende als künstlerisch bedeutende Leistung, unterstützt durch das begleitende Tonkünstlerorchester (Kurt Wöß). Die sich immer breiter entfaltende Begabung der jungen Künstlerin fand hier in gleichzeitiger seelischer Vertiefung und formaler Klärung ihres Spiels eine Stufe der Reife, aus der die Wärme ihres kantablen Vortrags und die schon mehr schwingenden als lärmenden Allegri eine noch höhere andeuten, die allerdings kaum wie diese in der Länge des Programms liegen dürfte. Daß in Felicitas Karrer eine bedeutende Interpretin heranreift, scheint außer Zweifel.

Anny Konetznis große dramatische Stimme mit ihrem vorbildlichen Registerausgleich und ihrer absoluten Intonationssicherheit wußte in ihrem Liederabend besonders in Gesängen von Richard Strauß die.Hörerschaft zu begeistern. Die stimmliche Gestaltung auch des kleinsten Liedbogens ist meisterhaft. Indes entbehrten die Lieder von Hugo Wolf (besonders die „Verborgenheit“) zu sehr des „Verborgenen“ und vollends Gustav Mahlers „Kindertotenlieder“ des Transzendentalen. Das absolute Fehlen jeder mimischen Hilfe und die große Diszipliniertheit des Ausdrucks heben trotzdem diesen Abend künstlerisch weit über ähnliche hinaus.

Eine durch Indisposition des ersten Geigers fast gefährdeter Abend des Konzerthausquartetts brachte trotzdem eine der besten kammermusikalischen Leistungen der letzten Zeit. Die Sorgfalt in der Abtönung der Instrumente zueinander sowohl im Klanglichen als im Thematischen, absolute Sicherheit und Leichtigkeit in der Beherrschung des Technisch-Formalen sowie eine ungewöhnliche Wärme des Tons vermochten Beethovens op. 18/6 und 127 sowie Bruckners Streichquintett besonderss in den langsamen Sätzen in schimmerndes metaphysisches Licht zu tauchen.

Das Amsterdamer Streichquartett vermittelte uns die österreichische Uraufführung von Arnold Schönbergs Viertem Streichquartett, eine der jüngsten Kompositionen des greisen Meisters und Lehrers der Zwölftöner. Ein nachdenklicher elegischer Zug meldet sich bei aller Beweglichkeit und kontrapunktischen Verflechtung der Stimmen, gleichsam als transzendentaler Mittelpunkt, in den alleSchlüsse unhörbar hinübergleiten. Es bedarf allerdings der unerhört sauberen, kristallenen Wiedergabe, um die Schwierigkeit des Mithörens soweit herabzumindern, als dies durch die Ausführenden geschah. Von den drei Stücken für Streichquartett von Igor Stra-winsky spricht uns das letzte durch seine Innigkeit unmittelbar an, während die beiden ersteren rhythmische beziehungsweise klangliche Einzeller und von epigrammatischer Kürze sind. Das an Stelle von Alban Bergs Streichquartett gespielte Werk von Bela Bar-tök verdiente einen ihm günstigeren Rahmen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung