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Äthiopien verfolgt Christen

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In den letzten Monaten sind die Meldungen über die grausame Verfolgung gläubiger Menschen in Äthiopien selten geworden. Die Weltöffentlichkeit hatte mit anderen Schlagzeilen genug zu tun, der Revolution im Iran, der Absetzung des Potentaten Bokassa und Amin oder dem Friedenstauziehen in Rhodesien. Trotz der nach außen hin relativen Ruhe treiben die Helfershelfer des mit kubanischer Unterstützung an

CSI (Christian Solidarity International) wurde 1975 in der Schweiz gegründet. Ökumenisch zusammengesetzt (der Vorstand umfaßt evangelische und katholische Christen), hat CSI vor allem die folgenden Anliegen: Alle Christen aufzurufen, sich mit ihren verfolgten Brüdern zu solidarisieren, überall auf der Welt für das Recht der freien Glaubensausübung einzutreten und zu Unrecht Verurteilten zu ihrem Recht zu verhelfen, allen Christen die Bedeutung des Zeugnisses der Märtyrer unserer Zeit nahezubringen. Seit etwa einem Jahr besteht auch in Österreich ein Zweig von CSI. Auch hier wurde auf die bewährte ökumenische Zusammenarbeit zurückgegriffen: Die Bischöfe Kuntner und Sakrausky machten das Leid der verfolgten Christen zum gemeinsamen Anliegen von katholischer und evangelischer Kirche. Wer an CSI-Sitzungen teilgenommen hat, erfährt, was Ökumene in der Praxis bedeutet: das vertrauensvolle Miteinander von Brüdern, die sich in ihren gemeinsamen Grundanliegen von demselben Geist getragen fühlen. Aus solchen Wurzeln wird auch die Einheit der Christen wachsen, die ja auch das Anliegen der Weltgebetswoche vom 18. bis zum 25. Jänner ist.

Einer der Aktionen von CSI schließt sich auch die FURCHE an. Sie wird jeden Monat das Leben und das Zeugnis eines verfolgten Christen vorstellen. Der erste Beitrag aus der Reihe „Der Verfolgte des Monats", betrifft den evangelischen Pastor Tumsa in Äthiopien.

die Macht gekommenen Diktators Mengistu ihre brutale Kampagne gegen Christen und Moslems weiter voran.

Obwohl sich auch unter den koptischen Christen (35 Prozent der Bevölkerung) viele Opfer befinden, scheint es, daß vor allem die christlichen Minderheiten, die Katholiken und Evangelischen, am schwersten getroffen sind. Einer der angese-hendsten äthiopischen Kirchenführer, Pastor Gudina Tumsa (49), ist Ende Juli dieses Jahres mit Waffengewalt verschleppt worden und seither verschwunden.

Pastor Tumsa ist Generalsekretär der Evangelischen Mekane-Yesus-Kirche, die etwa 400.000 Mitglieder in Äthiopien zählt. Schon zweimal zuvor, im Juni 1979 und im Oktober 1978 war der Kirchenführer für kürzere Zeit inhaftiert gewesen, ohne

daß jemals Gründe dafür angegeben worden wären. Er galt als ein unerschrockener Mann, der das Paulus-Wort *,Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen" ernst genommen hat und daher wiederholt mit den Behörden in Konflikt geraten ist.

Pastor Gudina Tumsa ist auch Vorsitzender des Rates für Zusammenarbeit der Kirchen in Äthiopien, dem alle christlichen Gemeinschaften des

Landes angehören. Als solcher hat er gegen die brutalen Maßnahmen, mit denen das Programm der marxistischen Regierung durchgedrückt wurde, scharfe Proteste eingelegt. Nachdem wiederholt äthiopische Machthaber öffentlich erklärt haben, daß die dem Lande fremden christlichen Religionen bis auf das letzte Mitglied ausgerottet werden müßten, ist verständlich, daß Pastor Tumsa manchen eifrigen Revolutionären ein ständiger Stachel im Fleisch war. Somit wurde er auf offener Straße von bewaffneten Zivislisten entführt.

Fest steht, daß zwischen September 1977 und März 1978 in Äthiopien Zehntausende Menschen ermordet wurden. Die Kirchenverfolgung ist seit 1976 voll im Gange: der Kirchenbesitz wurde konfisziert, der Radiosender „Stimme des Evangeliums" in einen Revolutionssender umgewan-

delt, Gläubige aller Kirchen wurden öffentlich ausgepeitscht, gegen Priester wurden von den roten Terrorbanden Schauprozesse geführt, der Klerus zum Klassenfeind erklärt und die Bibel auf die Liste verbotener Bücher gesetzt. Zuletzt hat man während der Sonntagsgottesdienste politische Schulungsveranstaltungen angesetzt; wer dennoch zur Kirche ging, riskierte sein Leben. Viele Gotteshäuser sind zerstört oder geschlossen.

„Wir müssen bereit sein, für unsere christliche Uberzeugung zu sterben", erklärte Pastor Gudina Tumsa kurz vor seiner Entführung. Während seiner Haftzeit schilderte er seine Erfahrungen: „Wenn ich betete, war mir, als ob Tausende meiner Brüder und Schwestern um mich seien. Meine Angst schwand; ich spürte die Gegenwart des Heiligen Geistes, der mir Kraft gab. Ich konnte essen und schlafen, singen' und iachen. Ich wußte, daß mein Leben nicht mir gehörte. Ich war schon in Christus gestorben. Spielt es eine Rolle, ob ich 50, 60 oder 70 Jahre lebe?

Ersuchen Sie in Briefen um Aufklä-rung des Verschwindens von Pastor Gudina Tumsa und um seine Freilassung. Richten Sie Ihre Briefe an: Die Äthiopische Botschaft, D-53 Bonn, Brentanostraße l

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