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„Du“, sagt der freundliche Freund am Telephon, „ich seh’ schon, ich werd’ ihn nicht sehen, den Papst. Mein Fernseher ist kaputt, den richtet mir in der Schnelligkeit jetzt auch keiner mehr, und mich in den Wirbel in der Inneren Stadt oder im Donaupark zu stürzen, davor graust mir ganz einfach, und für Mariazell hab ich erst recht keine Zeit.

Ich bin schon katholisch, wie so viele halt, als praktizierend würd’ ich mich grad nicht bezeichnen, ich hab schon Mühe, herauszufinden, wann ich das letzte Mal in einer Messe war. Ich furcht’ mich nämlich ein bisserl vor unserem Pfarrer, der schaut immer so bös, wenn ich mich beim Kommunizieren falsch einreihe, und wenn er predigt, hab ich immer das Gefühl, ich hör jeden Sonntag das Gleiche. Gekümmert hat er sich nur einmal um mich, da war ich mit der Kirchensteuer im Rückstand, da kam so ein vorgedruckter Brief von ihm. Na ja, man darf nicht zu viel verlangen.

Mein Religionslehrer in der Schule, der war prima, der ist auch schuld daran, daß meinem Glauben nichts passiert ist all die Jahre, nur mit der Kirche hab ich meine Schwierigkeiten, also glaub ich lieber und geh nicht in die Kirche. Und jetzt ist Katholikentag, und der Papst kommt, und ich versuch’, mir mein großes Unbehagen an dem Rummel zu deuten und den Stoßseufzer zu analysieren, den nicht nur ich allein ausstoße: Wenn er nur schon wieder weg wäre!

Weißt du, ich bin wahrscheinlich zu alt. Juso müßte man sein. Oder bei der Katholischen Jugend. Halt jung. Dann könnte man diesem Papst all die Fragen stellen, die den Jungen einfach auf der Zunge brennen müssen. Hoffentlich hat einer aus dem katholischen Lager zwischen all den Feiern auch Zeit, bei der Al- temativveranstaltung der Jusos zuzuhören, was die dort an Ernsthaftem einzuwenden haben, wonach dort gefragt wird.

Vielleicht deckt sich das mit so mancher Frage der jungen Katholiken an die Kirche und gerade an diesen Papst. Und die Etablierten auf beiden Seiten sollten den jungen Fragern nicht immer über den Mund fahren, das haben sie mit uns auch gemacht, wie wir jung waren, und es hat uns nicht gutgetan.

Bei den Jungen ist doch die Hoffnung, wie sollen sie się geben, wenn man sie nicht leben läßt? So ein Rummel ist halt eine Herausforderung. Sollen junge Menschen alle so drauf reagieren wie ich? Das wäre hoffnungslos.

Weißt du, was ich tun werd’? Ich fahr aus der Stadt hinaus über dieses Wochenende, setz mich irgendwo draußen unter einen Herbstbaum und les’ im Evangelium. Auch eine Alternativveranstaltung. Servus.“

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