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Verschiedenes Verschwiegenes

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Das tat' sich kein 03-Moderator trauen. „I can help it” ansagen und nicht gleichzeitig Michel Jackson zu erwähnen. Es wäre vermutlich im Sender, wenn nicht überhaupt, sein letzter Tag. Gleichzusetzen wäre ihm ein Sprecher in Radio Niederösterreich, Steiermark oder Kärnten, der dem Heuler „Seemann, laß das Träumen” nicht sofort die Lo-lita beifügen würde.

Ist ja auch klar. Alles muß seine Ordnung haben. Schließlich könnte es ja, rein theoretisch natürlich, sein, daß einer nur „help” verstanden hat und jetzt die Beatles erwartet. Die aber auch nicht unangesagt bleiben dürften.

Sie merken schon, ich will auf etwas hinaus. Da hat sich nämlich, wer weiß, warum, im Elitesender des Österreichischen Rundfunks eine Mode eingeschlichen. Vorwiegend die nasal, lässig und leicht überheblich ihre Worte fallen lassenden Damen der Klassiknacht, das ist jene Sendung, die man als Frühaufsteher beim Zähneputzen im letzten Stadium erlebt, sagen nicht an. Sie reden über Gott und die Welt, oft lesen sie von den Beipackzetteln der CDs halblustige Texte herunter, teilen einem auch zwei- bis dreimal pro Stunde mit, wie sie selber mitsamt ihren nicht mehr wegzudenkenden entzückenden Doppel-Vornamen heißen, nicht aber, wer hic et nunc etwa die Nußknacker-Suite geigt, bläst und dirigiert. Mitunter verheimlichen sie sogar fürs erste, was sie überhaupt als nächstes auflegen.

Daraus ergibt sich für den Musikkenner zwar ein hübsches Bätseispiel, aber gerade am Morgen läßt man derlei lieber. Die Ganglien sind noch nicht in Schuß, es dominieren Rasierpinsel, Seife und Kamm, die ohnehin nicht immer ohne Probleme funktionieren, da möchte man wenigstens aus dem Radio friktionslos bedient werden. Wenn sie doch wenigsten? nur „Karajan” hinrotzte, den Herbert von braucht man ja nicht, und vielleicht auch noch „Philharmoniker”, da hätte man wenigstens eine Eingrenzung Wien, Berlin, eventuell Boston.

Ich habe vor einigen Tagen eine dieser Sprecherinnen während einer längeren Symphonie angerufen. Und ich habe sie gefragt, wie sie denn auf ein Plakat reagieren würde, das sie etwa ins Konzerthaus einladen würde, lediglich mit dem Hinweis, daß dort an einem bestimmten Tag die Neunte Beethoven aufgeführt werde. Und, so fragte ich sie weiter, was sie sagen würde, wenn sie, auf die Einladung trotzdem reagierend, im Konzertsaal mitgeteilt bekäme, daß ihr die Karten von Fräulein Marie-Theres Maier verkauft worden seien. Orchester und Dirigent aber blieben im Dunkel, es sei denn, man kennt zufällig den Sitznachbarn, der einem mitteilt, daß er Putzereibesitzer sei und dem zweiten Geiger in der dritten Reihe, Bruno hieße er übrigens mit Vornamen, die Hemden gewaschen habe, wodurch er wisse, daß dieser bei den Symphonikern angestellt ist.

Die Dame am Telefon war perplex und hat ohne Antwort aufgelegt. Obwohl noch nicht einmal der zweite Satz zu Ende ging, es war übrigens die Jupitersymphonie und wer musizierte, mußte ich erst erwarten.

Was soviel heißt, als daß sie sich in ihrem Öl-Studio sicher fühlt. Die Kunden dieses Minderheitenprogramms scheinen demnach äußerst friedliche Lämmlein zu sein. Oder aber, aus dem vorher Gesagten geht's hervor, ein verschrecktes, weil viel zu kleines Häuferl. Da ist die Pop-Fraktion eben in der Mehrheit und wohl deshalb anspruchsvoller.

Auch ich habe ja schon klein beigegeben. Und wenn dann um sechs Uhr früh, nach einer absichtlich eingelegten Pause, in der noch genügend Zeit geblieben ist, eine der vielen selbstproduzierten CDs anzupreisen, der Nachrichtensprecher sagt: „Hier ist der Österreichische Rund-fitng”, bin ich eh immer schon friedlich und lausche dankbar den gekonnt hingestotterten Meldungen. Apropos stottern.

Kann man das eigentlich, einfach so aus Protest, auch mit der Bund-funkgebühr?

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