6813515-1972_47_12.jpg
Digital In Arbeit

Ballett aus Amsterdam

Werbung
Werbung
Werbung

Als einem der Steirische Herbst nun doch ein bißchen lang werden wollte, stellte sich noch knapp vor Schluß ein künstlerischer Höhepunkt ein: „Het Nationale Ballet Amsterdam“, das bis jetzt erst einmal, und zwar bei den Salzburger Festspielen in Österreich aufgetreten war, gab im Opernhaus ein Gastspiel, das selbst einer nicht sehr ballettfreudigen Stadt wie Graz größte Bewunderung abringen konnte. Dje Truppe, erst im Jahr 1952 gegründet, ist geformt und geprägt durch die russische Ballerina Sonja Gaskell, die bei Diaghilew in Paris ausgebildet wurde. Daraus resultiert auch die für ein relativ junges Ensemble nicht selbstverständliche dominierende Stellung der klassischen Tanzformen, die allerdings stets in moderne Ballette, und vor allem ins Experiment eingegliedert wurden.

Das Grazer Programm hatte seinen

Schwerpunkt in der Interpretation zeigenössischer Musik. Nach einem brillant und exakt getanzten Divertimento Nr. 15 von Mozart in der Choreographie von Balanchine, das virtuos, aber nicht ganz schwerelos wirkte und vor allem durch eine blamabel schlechte Wiedergabe durch die Grazer Philharmoniker zu leiden hatte, zeigte das Ballett „Zwielicht“ (Choreographie: Hons van Manen) zur für präpariertes Klavier geschriebenen Musik von John Cage die eigentliche Stärke der Truppe: die Umsetzung der musikalischen Atmosphäre in Bewegungsfiguren, die in ihrer Isolierung und ihrer gegensätzlichen Verdichtung von höchster Meisterschaft zeugten (Alexandra Radius und Han Ebbelaar waren die beiden Tänzer). Ebenso bezwingend wirkte die bewegungsmäßige Realisierung von Ligetis „Lontano“ — hier war das musikalische Formprinzip des Werkes in perfekter Disziplin auf die choreographische Deutung übertragen. Neben dieser absoluten Tanzkunst wirkte dann der etwas rührselige Vorwurf des letzten Balletts „Monument für einen toten Knaben“ nach einem elektronischen Stück von Jan Boerman in der allerdings recht packenden Choreographie Rudi van Dantzigs eher banal.

Eine qualitätvolle, um plastische Gestaltung der dankbaren Figuren bemühte Inszenierung von Ostrowskis „Wald“ konnte man im Schauspielhaus erleben. Fritz Zecha, nur noch als Gast im Ensemble, führte mit gewohnter Sauberkeit und Tiefenschärfe Regie; ungewohnt war allerdings die lähmende Schwerfälligkeit des Ablaufs gegen Ende des Stückes. In einer Welt von vegetierenden Masken sind einzig die beiden Maskenträger von Berufs wegen — der Tragöde Gennadi und der Komiker Arkadi — die einzigen wirklichen Menschen. Das war sehr schön herausgearbeitet und beeindruckte in den Glanzleistungen von Otto David und Fritz Holzer ganz außerordentlich.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung