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Dankgesang eines Genesenen

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Diese Überschrift des langsamen Satzes in Beethovens a-Moll-Quar-tett paßte gut zum Anlaß: Im Beisein der Minister Firnberg, Sinowatz und Androsch, des Präsidenten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, Sallinger, und vieler Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, denen man kaum jemals im Konzertsaal begegnet, wurde der renovierte Mozart-Saal eröffnet. Der Präsident der Konzerthausgesellschaft, Dr. Manfred Mautner Markhof, hob in seiner launigen Ansprache die Verdienste des Generalsekretärs Peter Weiser und der Subventionsgeber Bund und Stadt hervor und animierte die öffentliche Hand, ein letztes auch zur Instandsetzung der Garderoben, Pausenräume, Foyers und Stiegenhäuser zu tun... Er stellte dann weitere Stabilität und Eleganz bis ins Jahr 2035 in Aussicht...

Blickfang im neuen Saal sind zwei wieder freigelegte riesige Jugendstil-Fenster neben der Orgel. Das Instrument wurde höhergesetzt, sö daß der Orgelprospekt nun geradezu die sakrale Wirkung einer nach oben gerichteten, geöffneten Hand ausstrahlt. D*ie Deckenornamente glaubt man zum ersten Mal gesehen zu haben, so prächtig wirken sie, die Stühle sind grün tapeziert, überhaupt hatte man eine glückliche Hand bei der Auswahl der Farben, und daß man nicht knauserig gewesen war, beweisen die neuen Beleuchtungskörper ...

Die erste Musik, die erklang, war nicht aus den Jahren um 1913 — vielleicht aus Rücksicht auf die vielen anwesenden „Outsider“; vielmehr spielte das Amadeus-Quartett Mozarts „Dissonanzenquartett“ und das schon erwähnte op. 132 von Beethoven. In die Begeisterung des Publikums mischte sich die Freude über den schönen Saal, der, mit den Mitteln und Augen von heute gearbeitet, nach Weisers Hoffnung auch noch den Geschmack von morgen ansprechen soll.

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Weniger einem • genesenen als einem gefährdeten Organismus nahe glaubt man derzeit das ORF-Symphonieorchester: Nachdem es zuerst von einem kühlen Präzisionsfanatiker aus dem heißen Süden geleitet worden war, hat man es jetzt einem jungen Heißsporn aus dem kalten Finnland anvertraut. Sein neuer Chefdirigent Leif Segerstam läßt seinem überschäumenden Temperament fallweise derart die Zügel schießen, daß der Zuseher wohl merkt, was der Dirigent will, das Orchester aber nicht mehr so mitkommt, wie es wünschenswert wäre. So geschehen im Musikvereinssaal bei Finlandia von Sibelius, das man wohl kaum einmal so unbekümmert tempo- und ausdrucksmäßig „überzogen“ hören kann. Und die anschließend auftretende israelische Altistin Mira Zaaki bot mit ihrer umstrittenen Leistung in fünf Liedern über Gedichte von Rückert wieder Grund zur Diskussion. Die Stimme ist an und für sich schön, wird ohne merkliche Atemstütze aber noch etwas unsicher geführt und von ihrer jungen Besitzerin manchmal auch schmerzlich disto-nierend eingesetzt: nicht sehr oft, aber doch so, daß kein guter Gesamteindruck entstehen kann. D&bei glaubt man in dem persönlichen Timbre dieser Frau etwas Besonderes zu hören ... Hier wird man die zukünftige Entwicklung abwarten müssen.

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