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Kann das Bundesland zum geistigen Zentrum werden?

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FURCHE: Im April haben die ersten Lehrgänge der „Wissenschaftlichen Landesakademie für Niederösterreich“ begonnen. Was sind die nächsten Schritte auf dem Weg zu einer Universität in Niederösterreich ?

SIEGFRIED LUDWIG: Im April haben einige pädagogische Lehrgänge begonnen, wir sind nun dabei, diese Landesakademie mit weiteren Kursen auszubauen. Die Positionen für die Geschäftsführung und die wissenschaftliche Leitung wurden ausgeschrieben, über sechzig qualifizierte Persönlichkeiten haben sich beworben. Das Kuratorium der Landesakademie konstituierte sich am 7. Juni, es entscheidet über die Auswahl und Bestellung der Geschäftsführer und wissenschaftlichen Leiter. Im Gesetz sind drei Geschäftsführer und drei wissenschaftliche Leiter vorgesehen. Möglicherweise werden wir nur jeweils zwei der drei zu besetzenden Positionen vergeben. Zur Zeit sind wir dabei, in der Tabakfabrik in Krems Räumlichkeiten zu adaptieren, und für den Betrieb auszustatten. Im vorigen Jahr wurden 22 Millionen Schilling dafür aufgewendet, heuer wird es ein ähnlicher Betrag sein. Im Herbst wollen wir Lehrgänge für Fremdenverkehr und Wirtschaft anlaufen lassen.

FURCHE: Wie sehen die Pläne für eine Postgraduate-Ausbil-dung innerhalb der Landesakademie aus?

LUDWIG: Eines unserer Ziele ist es, die postgraduate Ausbildung zu forcieren, die Wissenschaftler selbst haben diesen Weg empfohlen, und ich glaube, daß er richtig ist. Wir wollen alles unternehmen, um wissenschaftliche Einrichtungen in Niederösterreich anzusiedeln, als Endziel ist die Universität angestrebt. Aufgabe der Landesakademie ist es.dies vorzubereiten und in die Wege zu leiten.

FURCHE: Die österreichische Rektorenkonferenz hat bereits im vorigen Jahr zum Projekt einer Universität in Niederösterreich kritisch Stellung bezogen — befürchten Sie aus dieser Richtung zusätzliche Schwierigkeiten?

LUDWIG: Es ist sehr menschlich, erst dann für eine Entscheidung zu sein, wenn diese bereits gefallen ist. Das war ja auch bei der Entscheidung zur Landeshauptstadt so. Kürzlich wurde ich unterwegs im Ausland von drei österreichischen Universitätsprofessoren selbst darauf angesprochen, daß sie bereit wären, an einer solchen geplanten Universität mitzuarbeiten. Auch hier unterscheidet sich die Realität von manchen veröffentlichten Meinungen. Wir wollen nichts aus Wien abengagieren, sondern wir wollen versuchen etwas Neues zustande zu bringen.

FURCHE: Zentrales Problem ist natürlich, ob es möglich sein wird, die erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen. Da eine solche Aus- und Fortbildungsmöglichkeit auch imlnteresse von Betrieben, Verwaltungseinrichtungen und sozialen Institutionen in Niederösterreich sein könnte, stellt sich die Frage, ob diese bereit wären, einen Beitrag zu leisten?

LUDWIG: Zunächst stellt das Land Niederösterreich überaus hohe Vorleistungen. Wenn diese Kurse und Weiterbildungsveranstaltungen auf dem Sektor der Wirtschaft, des Fremdenverkehrs zustande kommen, wird natürlich auch die Wirtschaft gebeten, ihren Beitrag dazu zu leisten. Ich hoffe, daß es zu einer Kooperation zwischen dem Land Niederösterreich und den Vertretern der Unternehmen kommt. Darüber hinaus laufen auch Verhandlungen mit Wissenschaftsminister Hans Tuppy, der ja bereit ist, einiges zu tun. Er hat zugestimmt, den Aufwand für die Wissenschaftler zu übernehmen.

FURCHE: Gibt es auch konkrete Betriebe, die finanzielle Zusagen gemacht haben?

LUDWIG: Es gibt Kreditapparate, es gibt aber auch Firmen, die konkret Mittel zugesagt haben. Auch die Handelskammer für Niederösterreich zeigt sich sehr interessiert.

FURCHE:Kann man sagen, daß auch aus finanziellen Gründen zunächst ein Schwerpunkt der Lehrgänge auf dem Sektor Wirtschaft liegen wird? Und steht dadurch der andere Schwerpunkt, nämlich der ,JDonauraum“, im Hintergrund?

LUDWIG: Es gab auch bereits Gespräche mit dem Bund und mit den Professoren. Als praktisches Beispiel möchte ich anführen, daß das Ost- und Südosteuropa-Institut nach Klosterneuburg übersiedelt ist und vielleicht später nach Krems zieht. Gerade dieses Institut spielt eine wesentliche Rolle dabei, die Vertreter aus den Staaten des Donauraumes einzubinden.

Durch eine Good-will-Tour im Mai per Schiff von Passau bis zum Schwarzen Meer sind Repräsentanten der betreffenden Länder zum Donaufestival eingeladen worden.

FURCHE: Sehen Sie das Donaufestival auch als einen weiteren wichtigen Schritt an, in Niederösterreich verstärkt ein geistig-kulturelles Zentrum auszubauen?

LUDWIG: Richtig.

Das Gespräch mit Landeshauptmann Siegfried Ludwig führte Leonore Rambosek.

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