Luna. Oder: Auf diese Welt kommen

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Welche Zukunft hat ein Kind zu erwarten, das heute geboren wird? Gedanken über das, was droht – und das, worauf wir hoffen dürfen.

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Welche Zukunft hat ein Kind zu erwarten, das heute geboren wird? Gedanken über das, was droht – und das, worauf wir hoffen dürfen.

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Ich kenne sie nicht persönlich. Ich kenne nur ein paar dürre Eckdaten ihrer Existenz: „Luna“ heißt sie, lateinisch für „Mond“, und Anfang Dezember ist sie zur Welt gekommen – hier in Wien, einer der lebenswertesten Städte der Erde. Das war kein schlechter Start, und schon gar nicht in dieser Familie: beide Eltern einander zugetan, beide abgesichert, beide gesund und bildungsaffin. Gleich nach der Geburt wurde ein Krippenplatz reserviert. Man kann davon ausgehen, dass Luna gut aufgehoben ist, besser jedenfalls als viele andere.

Und doch erscheint auch ihre Zukunft nicht strahlend hell und offen, sondern verdunkelt und gefährdet. 84 Lebensjahre stehen ihr statistisch bevor, bis 2103 würde sie diesfalls die Erde bewohnen – ein Datum, das noch ferner und fremder scheint als die dunkle Seite des Mondes.

Schon der Blick auf 2050 übersteigt für viele den Horizont: Bis dahin soll schier Utopisches gelingen – nämlich der völlige Umbau des Energiesystems. Dass die Anstrengungen dafür ungefähr jenen der Mondmission in den 1960ern entsprechen müssten, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Präsentation ihres „Green Deals“ für Europa erklärte, ist nicht so abwegig. Bislang zeigt sich dieses Engagement freilich nicht einmal in Ansätzen: Der Weltklimagipfel von Madrid ist gescheitert. Die EU will folglich als einsamer Vorreiter andere inspirieren, um das 1,5-Grad-Ziel doch noch zu erreichen. Doch schon die Frage der Nachhaltigkeit von Atomenergie lähmt den Kontinent. Auch in Österreich herrscht mit dem soeben nach Brüssel geschickten Nationalen Energie- und Klimaplan der Minimalismus. Die nächste (türkis-grüne?) Bundesregierung muss ein kraftvolles Zeichen setzen, will sie nicht jeglichen Kredit verspielen.

Schlechte Nachrichten

Das alles wäre schon genug, um Lunas Eltern den Schlaf zu rauben. Doch die Klimakrise ist nicht die einzige ­Herausforderung für die Bewohner des Raumschiffs Erde. Dazu kommen jene disruptiven Technologien, die Wirtschaft und Gesellschaft in der kommenden Dekade fundamental verändern werden: Artificial Intelligence stellt das Selbstverständnis des Homo sapiens sapiens in Frage; Additive Manufacturing läutet durch 3D-Drucker das Ende der Massenproduktion ein; und Genetic Engineering eröffnet die ultimative Optimierbarkeit des Mängelwesens Mensch. Dazu kommen die politischen Drohkulissen: Sie reichen vom Zerfall Europas bis zur Wiederwahl eines trotzig-infantilen Milliardärs ins Weiße Haus.

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