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Seit 1956 mehr als 400 Projekte gefördert

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Rund 400 Bauprojekte konnten mit Hilfe der „kirchlichen Aufbauanleihe“ seit dem ersten Ausgabenjahr 1956 fertiggestellt werden. Alle Bauvorhaben verfolgten uneigennützige Zwecke: Krankenhäuser, Pädagogische Akademien und Kindergärten spielten genauso eine Rolle wie Kirchen, die in Wiener Stadtrandsiedlungen errichtet wurden.

Bis heute konnte aus Mitteln der Kirchenbauanleihen ein Betrag von rund anderthalb Milliarden Schilling an Darlehen vergeben werden; damit konnten die Erzdiözesen Wien und Salzburg sowie die sieben österreichischen Diözesen mit Darlehen verschiedener Höhe versorgt werden. Vor allem die Wiener kamen in den Genuß der Anleihe: Rund 760 Millionen Schilling sind in die Kassa der Erzdiözese und kirchlicher Einrichtungen geflossen, um wertvolle Projekte verwirklichen zu können.

Die Zahl der Bauvorhaben betrug in Wien über 200. In Randgebieten der Großstadt wurde eine Reihe von Kirchen gebaut, denn hier sind die Probleme besonders akut: Die Bewohner fahren tagsüber in den Betrieb, am Wochenende dann aufs Land. Graue Betonwüsten isolieren die Anrainer untereinander und fördern die Anonymität. Die zwischenmenschlichen Beziehungen und die Seelsorge blieben dabei auf der Strecke.

iSo ist etwa die Pfarre Oberbaumgarten 1970 errichtet worden; heute, ein knappes Jahrzehnt danach, hat die Pfarre eine blühende Jugendgruppe. In der Großfeldsiedlung, auf der Lepoldau und in der Donaustädter Saikogasse entstanden weitere aktive Pfarrzentren, die sich um viele Gläubige kümmern.

In den Bundesländern ist die Situation ebenso, ein paar willkürlich herausgegriffene Beispiele sprechen für sich: So konnten etwa die Barmherzigen Schwestern aus Wien-Gumpendorf mit Hilfe der Kirchenbauan-leihe in Ried im Innkreis ein modernes Krankenhaus errichten, die Schwestern können sich mit Hilfe von 354 Betten um die Kranken kümmern. Das Krankenhaus war 1850 in der Burg Ried errichtet worden. Vor 24 Jahren hatten dann die Barmherzigen Schwestern das Spital übernommen.

1976-1977 wurde dann mit Hilfe der Kirchenbau-Anleihe das Spital weiter ausgebaut, die Bettenkapazität wurde erhöht.

Mit dem gleichen Fleiß gingen die Schulschwestern aus Vöcklabruck ans Werk: In Grieskirchen und Braunau konnte mit Hilfe des Anleihengeldes ein Spital voll renoviert werden. Die Linzer Kreuzschwestern konnten in Wels ebenfalls ein Krankenhaus mit modernsten Geräten ausstatten lassen.

Die Hilfe der kirchlichen Institutionen, die die Kirchenbau-Anleihe beansprucht haben, beschränkt sich allerdings nicht auf Einrichtungen für kranke Menschen, sondern kommt auch studierenden Jugendlichen zugute - drei Pädagogische Akademien konnten errichtet werden: In Krems, Linz und Wien-Strebersdorf.

Die Pädagogische Akademie in Strebersdorf bildet etwa 600 junge Menschen, vor allem Mädchen, zum Grundschullehrer aus. Der Unterricht, der 1969 eingesetzt hat, wird mit modernsten Mitteln gestaltet -die Schülerinnen der Akademie sind nach eigenen Angaben „froh darüber“.

Zur Zeit werden das Wiener Schottenstift sowie das Sacre Coeur in Wien und Preßbaum „bearbeitet“.

Diese Einzelbeispiele über die sozialen Einrichtungen, die alle mit den Mitteln der Kirchenbau-Anleihe finanziert worden sind, stehen stellvertretend für viele. Und alle gehören sie zum Ergebnis einer einzigartigen Idee, die von wenigen Männern zustandegebracht, wurde: Hervorzuheben sind besonders Erzbischof-Ko-adjutor Franz Jachym, der als Vorsitzender des Kuratoriums der mit den Geschäften betrauten Förde-rungs-AG fungierte; weiters Generalabt Gebhard F. Koberger, Probst des Stiftes Klosterneuburg, der die Rolle des Aufsichtsrat-Vorsitzenden übernahm und schließlich Diplomingenieur Josef Melchart, der die kaufmännischen Angelegenheiten vorzüglich meisterte.

Die Kirchenbau-Anleihe ist bereits ein Stück Zeitgeschichte. Das schwache Finanzpotential auf dem Bausektor war nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges für die österreichische Kirche geschichtlich bedingt. Das nach dem Krieg in Österreich einsetzende „Wirtschaftswunder“ und die damit verbundene Wiederaufbautätigkeit stellten die Kirche vor große Probleme: denn zwischen den beiden Weltkriegen sowie in der Okkupationszeit waren kirchenbauliche Vorhaben stark vernachläßigt bzw. verhindert worden. Durch den Zweiten Weltkrieg selbst wurden kirchliche Einrichtungen zum Großteil vernichtet Um so größer waren dann die Probleme des Wiederaufbaues.

Weihbischof Helmut Krätzl stellt fest, daß es neben der Beschlagnahme jüdischen Vermögens nach dem Anschluß auch zu vielen Ubergriffen auf das Besitztum der christlichen Kirchen seitens des nationalsozialistischen Regimes gekommen sei. Allein die katholische Kirche habe enormen Schaden durch die Aufhebung, beziehungsweise Beschlagnahme von rund 200 Klöstern, Stiften und Ordenshäusern erlitten.

Uber 1000 Schulen, Kindergärten, Knaben- und Priesterseminarien seien ebenfalls in starke Mitleidenschaft gezogen worden. Durch die Auflösung sämtlicher kirchlicher Vereine und Stiftungen, deren gesamtes Vermögen eingezogen worden war, sei es zu einer finanziellen

Notsituation der österreichischen Kirche gekommen. Dann - durch das Wirtschaftswunder bedingt - kam es zu einer starken Expansion von Siedlungsprojekten. In Wien entstanden sogenannte Satellitenstädte, Menschen aus dem Land zogen in die Stadt. Kirchen fehlten.

-Also entschloß 1 sich eine-kleine Gruppe von Leuten, beispielgebend für den österreichischen privaten Kapitalmarkt, die ersten privaten Anleihen herauszubringen. Es wurden zwar von staatlicher Seite aus Anstrengungen unternommen, Anleihen für den Wiederaufbau Österreichs auf den Markt zu bringen, private Stellen hatten allerdings bis dahin nichts auf diesem Sektor unternommen. Erst nach der Herausgabe der ersten Tranche entschlossen sich private Institutionen und Banken, mit Anleihen ihrerseits den Kapitalmarkt in Österreich zu beleben. Auf dem privaten Sektor ist die Kirchenbau-Anleihe beispielgebend geblieben. Die über 400 seit 1956 verwirklichten Projekte, die im Dienste der Gläubigen und Hilfebedürftigen stehen, zeigen, daß der beschrittene Weg richtig war.

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