6899449-1980_22_11.jpg
Digital In Arbeit

„Wir laufen dem Herrn nach, die Menschen uns”

Werbung
Werbung
Werbung

„Ich hatte eine Kollegin, die mir auf meinem Arbeitsplatz den Satz ,Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt,...' buchstäblich vorgelebt hatte. Eines Tages fragte ich sie, wie sie das nur so konsequent und liebenswürdig schaffe, ob sie denn selbst keine Probleme habe”, erzählte die Krankenschwester Vreni Rentsch.

Sie hatte ebenso ihre Schwierigkeiten wie jeder andere. Doch sie war nicht allein, sie hatte eine Gemeinschaft hinter sich, ihre „Familie”, die ihr Kraft gab: die Fokolaren.

Fokolare ist eine Laienbewegung innerhalb der Kirche. Das Wort heißt „in Brand stecken”. Ihre Anhänger haben sich zur Aufgabe gestellt, Gemeinschaften zu bilden, sei es am Arbeitsplatz oder im Freundeskreis. Sie wollen in die Finsternis der Einsamkeit ihr Licht, das Miteinander-Leben, bringen.

Den Kern der Bewegung bilden die Fokolaren mit kleinen Lebensgemeinschaften von Frauen oder Männern, die sich ganz ihrer religiösen Aufgabe widmen. Auch wenn sie ihrem Beruf nachgehen und in der Welt leben, weihen sie sich Gott, so wie in einem Orden, und legen Gelübde ab.

Oft führt die gegenseitige Liebe einer solchen „Familie” und ihr Streben, eines Herzens und eines Sinnes zu sein, zu Gütergemeinschaft. Sie gewinnen Freunde und werden bald zu einem Zentrum, das Gleichgesinnte anzieht. Um sie herum bilden sich Gruppen von Familien, von Männern, Frauen, Priestern, es entstehen dadurch auch „neue Pfarreien”.

Die Gruppen sehen von Ort zu Ort verschieden aus, je nach dem Bedarf der Gegend. Ein starker Trend führt vor allem Familien mit Kindern zusammen.

Einmal im Monat gibt es ein grö-

ßeres Treffen der verschiedenen Gruppen. Alle fühlen sich als Geschwister, sie sind sehr gastfreundlich und nehmen jeden Neuling mit Freuden in ihrem Kreis auf. Gemeinsam feiern sie die heilige Messe, sehen dann einen Film mit Chiara Lubich, der Gründerin der Fokolaren, und tauschen daraufhin ihre Erfahrungen aus.

In Österreich gibt es Zentren in Wien, Linz und Innsbruck, sowie ein Männerzentrum in Salzburg. Lienz wird im Juli stets für fünf Tage eine Feststadt der Fokolaren in Österreich. Sie feiern dort, beten, singen und leben zusammen, Familien mit Kindern, Frauen, Männer, die sehr aktive junge Generation („Gen” genannt) und Priester. Heuer stand das Treffen unter dem Motto: „Die Gegenwart Jesu in unserem Bruder”.

Das gemeinschaftliche Leben der Fokolaren führt oft auch zu gemeinsamen -Siedlungen. Die erste ist in Loppiano bei Florenz entstanden. Etwa 500 Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren aus allen Kontinenten, darunter auch einige junge Familien, leben dort beisammen. Ihren Unterhalt verdienen sie sich in dortigen Kleinbetrieben, die Aufträge italienischer Firmen ausführen.

Privateigentum gibt es nicht. Jeder bekommt das, was er zum Leben braucht. Wichtig ist die Arbeitserfahrung im Team und der tägliche Erfahrungsaustausch über das gelebte Evangelium. Loppiano ist das spirituelle Zentrum der Bewegung. Die jungen Leute, die sich ganz der Arbeit der Fokolaren widmen wollen, werden in diesen Städten ausgebildet und bleiben meistens zwei Jahre. Dann werden sie ausgesandt, wo sie am dringendsten gebraucht werden.

Auch in anderen Erdteilen sind bereits ähnliche Zentren entstanden. Chiara Lubich sagte einmal: „Wir laufen dem Herrn nach, und dann laufen uns die Menschen nach”.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung