Ausdrucksstarke Ausbrüche

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Szenisch über weite Strecken eher harmlos und statisch, musikalisch aber ungemein packend: das Eifersuchtsdrama "Otello" von Giuseppe Verdi am Stadttheater Klagenfurt.

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Szenisch über weite Strecken eher harmlos und statisch, musikalisch aber ungemein packend: das Eifersuchtsdrama "Otello" von Giuseppe Verdi am Stadttheater Klagenfurt.

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Er ist ein wahrer Nihilist und Intrigant, dieser Jago. In seinem berühmten "Credo" gibt er einen tiefen Einblick in sein Seelenleben und seine Motivation, Böses zu tun und zeigt sein wirkliches Gesicht, seine bösartigen, ja dämonischen Züge: "Ich glaube an einen grausamen Gott, der mich erschaffen hat".

Csaba Szegedi mimt in Giuseppe Verdis "Otello" am Klagenfurter Stadttheater mit expressiver Gestik und Mimik einen Jago, vor dem man sich fürchten muss. Nach außen hin, unter anderen Menschen jedoch gibt er sich als ungemein feinsinniger, meist eleganter, unschuldig tuender und nur selten schmieriger Offizier mit feuerroten Haaren, der den Intriganten gut zu verstecken weiß. Csaba Szegedi singt die Partie mit wunderbar weichem und doch kernigem Bariton, er war am Haus bereits als Tonio in Leoncavallo "Bajazzo" zu erleben.

Auch der zweite männliche Protagonist beeindruckt, wenn auch mehr von seiner stimmlichen Präsenz: Denn Antonello Palombi ist darstellerisch vorerst ein viel zu zurückhaltender Titelheld, dem man die wütende Eifersucht erst im zweiten Teil abnimmt. Seine kraftvolle Riesenstimme vermag er anfänglich kaum zu zügeln, beeindruckt dann aber auch mit leiseren Tönen. Palombi singt und spielt im Finale mitreißend.

Betsy Horne, die am Haus schon als Feldmarschallin im "Rosenkavalier" von Richard Strauss zu erleben war, lässt zu Beginn etwas viel Tremolo hören, ist aber eine feinsinnig singende Desdemona. Die von ihr gewünschte Innigkeit kommt aber erst im finalen "Ave Maria" voll zur Geltung.

Matthias Frey singt einen schön timbrierten, aber etwas leichtgewichtigen Cassio. Glockenrein ist auch Christiane Döcker als Emilia zu vernehmen. Die kleineren Partien mit Thomas Tischler (Roderigo), Michael Schober (Montano) und Jisang Ryu (Lodovico), überwiegend Ensemblemitglieder des Hauses, sind alle passend besetzt. Stimmgewaltig hört man auch den Chor des Hauses (Einstudierung: Günter Wallner), der nicht immer ganz eines Sinnes ist.

Alexander Soddy steht am Pult, es ist seine letzte Opernproduktion am Stadttheater, denn er wurde bereits zum Generalmusikdirektor des Nationaltheaters Mannheim ernannt. Er motiviert das meist perfekt und intonationsrein spielende Kärntner Sinfonieorchester zu blühenden, nuancenreichen Klängen und vielen ausdruckstarken Ausbrüchen, aber auch wunderbaren Lyrismen.

Etwas seltsam muten die historisch stilisierten, an Vorhangstoffe erinnernden Kostüme an, ebenso die reduzierten Kulissen und die tapetenartigen Prospekte. Diese sind mit floralen Ornamenten bzw. später mit rotem Samt und Vorhängen dekoriert. Hinter diesen findet sich einmal ein Wirrwarr an Ästen oder Gedärmen und dann wieder ein schlafender Löwe mit Heiligenschein (Ausstattung: Miron Schmückle).

Für den erkrankten Patrick Schlösser, der kürzlich leider völlig überraschend im Alter von erst 45 Jahren verstorben ist, sprang Regieassistentin Sophie Springer ein und übernahm die Inszenierung des Meisterwerks in der Endphase.

Das auf Shakespeare zurückgehende Eifersuchtsdrama wird anfänglich unspektakulär, viel zu harmlos, ja teils sogar unbeholfen und statisch erzählt. Vor allem der Chor wird wie beim "guten" alten Steh- und Rampentheater meist in bloßen Arrangements aufgestellt. Bei manchen Schlüsselszenen oder bei den Zornausbrüchen des Titelhelden hätte man sich mehr Drastik und zündende Ideen erwartet. Erst die Endphase gewinnt an packender Dramatik.

Plakativ, aber wirkungsvoll ist in der Schlussszene der Auftritt des Otello: Nach Desdemonas Gebet vor einer überdimensionalen Madonna beginnt sich diese Figur zu drehen und wird auf der Rückseite zu einem Skelett mit einer Krone. Aus diesem erscheint jetzt, wie ein Mönch mit Kutte und Kapuze gekleidet, Otello mit einem Schwert.

Das begeisterte Publikum bedankte sich mit spontanen, stehenden Ovationen.

Otello

Stadttheater Klagenfurt

3., 8., 11., 14. März

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