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Abseits der Kärntner Straße

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Wien hat seit einigen Tagen neben der kleinen „Neuen Galerie“ in der Grünangergasse eine neue kleine Galerie. Abseits der Kärntner Straße, aber doch in ihrer unmittelbaren Nähe, in der Himmel- pfortgasse 11, gar nicht weit vom „Spatz“, hat sie sich etabliert. Schon von außen, bei geschlossener Tür, ist sie gut anzusehen: ein Stück von Venedig, Rom oder Paris im Herzen von Wien — das ist der Eindruck, den der in leuchtendem dunklem Blau bemalte Eingang hinterläßt. Darüber ein schwarzes Schild, darauf in weißen Buchstaben: „Galerie Gruppe Stern.“

Besitzer der Galerie ist ein junger Mäzen namens Karl Wramm, der sie seinen Freunden von der Künstlergruppe „Der Stern“ zur Verfügung stellte, die die künstlerische Leitung übernommen hat. „Der Stern“ ist eine Gruppe österreichischer Künstler, die sich zuerst zu Ausstellungen in Italien, Brescia, Rom und Genua, zusammen fanden und später auch in Innsbruck ausstellten. Zunächst sollen hier in der Himmelpfortgasse nun Kollektive der einzelnen Mitglieder des „Stern" gezeigt werden, später dann andere österreichische und ausländische Künstler zu Ausstellungen eingeladen werden.

Die Galerie ist in einem ehemaligen Geschäftslokal untergebracht. Die „Budi“ wurde entfernt, der Boden mit alten Teppichen belegt, die Wände ge- ' weißt, die Neonbeleuchtung konnte übernommen werden — fertig war die Zauberei. Und mitten in

Wien ist ein Stück Weltstadt entstanden, Saint Ger- main de Pres oder Montmartre, das gute künstlerische Atmosphäre ausstrahlt. Eine erfreuliche Bereicherung unseres etwas schmalen Ausstellungsbetriebes also, die wir gerne akzeptieren, und- von der wir nur hoffen, daß ihr ein längeres Leben be- schieden sein möge als der ehemaligen Galerie des Art-Klub im „Strohkoffer" ...

Die Ausstellung, die jetzt gezeigt wird, ist dem 31jährigen Martin Pedrazza gewidmet, der aus Lusern, einer deutschen Sprachinsel bei Trient, stammt. Seit elf Jahren ist dem Südtiroler nun S f a m s in Tiro) zur zweiten Heimat geworden. Dort lebt er seither. — dazwischen war er allerdings einige Jahre in Wien, wo er an der Akademie der bildenden, Künste studierte, und zu längeren Aufenthalten im Ausland. Pedrazza ist schon heute ein vorzüglicher Maler, wenn auch seine kleinen graphischen Arbeiten teilweise reifer wirken. Seine Malerei gilt vor allem der menschlichen Figur, für die er sich bemüht, gültige Lösungen zu finden. Sein Ausgangspunkt erinnert an ostasiatische Malereien — in der Folge freilich wird deutlich, daß sich Pedrazza nicht scheute, die Stilphasen und Stilrichtungen unserer modernen Malerei, wie sie vor allem in Frankreich entwickelt wurden, in sich aufzunehmen und zu verarbeiten, um schließlich ein eigenes Gesicht zu finden. Ein guter Auftakt der neuen Galerie!

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