"Debatten als Hilfe für persönlichen Dialog"

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FURCHE-Leserin Dr. Camilla Wiesenthal über die Notwendigkeit einer differenzierten Berichterstattung und den Dialog als wichtiges Instrument in Zeiten einer Pandemie.

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FURCHE-Leserin Dr. Camilla Wiesenthal über die Notwendigkeit einer differenzierten Berichterstattung und den Dialog als wichtiges Instrument in Zeiten einer Pandemie.

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Ich bin mehr denn je begeistert von der FURCHE! Besonders von der Debatte zur Lebendigkeit. Denn im letzten Jahr habe ich mich während der Coronakrise oft gefragt: „Worum geht es eigentlich? Wieso wird jedes Gespräch zu diesem Thema emotional und lässt Sachlichkeit oft vermissen? Und ich kam zu dem Schluss, dass es eigentlich ums Sterben geht und um die Angst davor! Ein zutiefst persönliches Thema, das - ähnlich wie Abtreibung oder Pränataldiagnostik -schwer „diskutierbar“ ist, da es ethisch moralische Dimensionen ankratzt, derer viele Menschen sich nicht bewusst sind und es auch gar nicht sein wollen.

Meine einfachen Gedanken in so klaren Worten bei Marianne Gronemeyer zu lesen, und dann eine Replik darauf zu lesen, die auf einzelne Punkte eingeht, ist das, was ich mir von einer Zeitung wünsche. Und es gibt mir die Sicherheit, dass unsere Gesellschaft viel breiter denkt und fühlt als es zu sein scheint.

Dies macht aber nur deutlich, wie wichtig vielstimmige, differenzierte Berichterstattung ist, um wahre Kommunikation zu ermöglichen. Ich sehe diese Debatte als Hilfe für einen persönlichen Dialog. Das bedeutet für mich einen Gesprächsraum, in dem nach dem Prinzip der „embodied Communication“ unter guten Voraussetzungen neue Wege entstehen können, die über die Meinungen beider „Seiten“ hinausgehen und nach Musil „Möglichkeitssinn“ fördern. Gerade weil ich mein Gegenüber „wirklich“ wahrnehme, in seiner Komplexität und in seinem/ihrem System eingebettet. Und diese Empathie geht weit über rationales Verstehen hinaus, ja bedarf sogar des Spürens genauso wie des Denkens.

Wir dürfen diese Kompetenz niemandem absprechen! Abschließend möchte ich die erstaunen, die sich wundern, wer solche gewagten Gedanken formuliert. Esoterikerin? Unwissenschaftliche Anachronistin? Ich bin Mutter von 3 Kindern (5, 10 und 16) , Gynäkologin und Geburtshelferin, selbständige Unternehmerin sowie Leiterin eines interdisziplinären Teams, Schwiegertochter von über 80-Jährigen, fleißige Leserin von „Up to Date“ und Cochrane ( evidenzbasierten Medizin) genauso wie von buddhistischen Geschichten, christlichen Wochenzeitungen und Interdisziplinären Ansätzen wie z.B. Gregory Bateson. Ich meditiere und mache Yoga, gehe auch gerne in die Messe und zu Kindergartenfesten, arbeite an der Grenze von Leben und Tod im Kreißsaal und mache auch regelmäßig Selbsterfahrung mit Kolleginnen, um zwischen diesen Extremen immer wieder meine Mitte zu finden. Bitte berichten Sie weiter so unabhängig und offen über die vielen Stimmen in unserer Gesellschaft, besonders in Zusammenhang mit der Pandemie!

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