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Das Neubeurer Krippenspiel
(Ein einzelnes Licht, niedrig gestellt, in der Mitte. Sonst kein Licht in der Kirche, als nur auf der Empore. ™
Während des Vorspiels treten fünf Frauen und fünf Männer herein, stellen sich auf zwischen Altar und Kommunionbank, die Männer zur Rerhten, die Frauen zur Linken.
Vorspiel: Der Chor singt, von Orgel und Instrumenten begleitet: :,0 Heiland, reiß die Himmel auf“. Dann tritt der Priester zum Altar, und spricht:)
Priester: Im Anfang war das Wort und das
Wort war bei Gott. Und das Wort war Gott. War im
Anfang ei Gott. In dem Wort ward die Welt unter
Gottes Hand, Und ohne das Wort hat nichts Bestand, Nichts vom Geschaffnen, das Gott
gegeben, In dem Wort war das Leben, Das ist gewiß.
Und das Leben war der Menschen Licht, Wie das Licht hier glänzt in der Finsternis.
Das jeden erleuchtet, das wahre Licht, Das kam in die Welt. Er war in der
Welt,
Die Er schuf, der Welt, Und die Finsternis begriff ihn nicht. (Frauenchor, begleitet von Streichinstrumenten: „Tauet, Himmel, den Gerechten“.)
Die fünf Männer: Herr und Knecht, Fraue und Magd, Hört, was die Alten weisgesagt.
Der Erste: Die wir tief im Finstern sind, Uns ist ein großes Licht verkündt. Wir gingen unter harter Last, Sind unter ihr zerbrochen fast. Jetzt will Gott sein Gut uns geuden, Uns überschütten mit hohen Freuden, Jetzt stehn wir nicht mehr unterm Schwert,
Im Feuer wird unsre Schuld verzehrt,
Sühnopfer wird für uns gebracht,
Ein Kind wird geboren, auf dem liegt
Macht. Grüß ihn, Welt, Den du schauen wirst! Er heißt Wunderbar-Rat, Kraft und
Held,
Ewig-Vater, Friedefürst.
Die fünf Männer: Herr und Knecht, Fraue und Magd, Hört, was die Alten weisgesagt!
D'r Zweite: Verzagte Herzen„ fürchtet nichts!
Es kommt ein Herr des rechten
Gerichts, Der tut die blinden Augen auf, Der gibt den Lahmen Sprung und Lauf, Der Tauben Taubheit wird gelöst, Der Stummen Mund singt Gottes Preis, Was arm und krank ist, wird getrost' Ehirch Ihn, der Hilfe weiß.
Die fünf Männer: Herr und Knecht, Fraue und Magd, Hört, was die Alten weisgesagt.
Der Dritte: Wo sonst wüstes Ödland war, Wird ein Wasser springen klar. Wer mißt die Wasser mit hohler Hand?
Wer hat des Himmels Raum umspannt? Wer vermag es, daß er die Erde trägt Und das Gewicht der Berge wägt? So bleibt dies Höchste auch geheim. Wird nur den Gesegneten kenntlich sein.
Die fünf Männer: Herr und Knech, Fraue und Magd, Hört was die Alten weisgesagt. Der Vierte: Seine Gestalt 'ind Schöne
werden nicht erkannt. Er wird verachtet- er geht im Knechtsgewand.
Um unsretwillen trägt er Spott und Zorn.
Um unsretwillen krönt er sich mit Dorn,
Wir sollen frei sein, drum geht Er in
Ketten
Und unsre Fehle sind Ihm zugeteilt, Die Strafe liegt auf Ihm, auf daß wir
Frieden hätten, Durch Seine Wunden sind wir geheilt. Die fürif Männer: Herr und Knecht, Fraue und Magd, Hört, was die Alten weisgesagt.
Der Fünfte: Ganz zerbrochen hast du unsre
Krone,
Vater, unsrer Missetat zum Lohne. Was wir schufen, wurde gar zuschanden, Finsternis liegt über Volk und Landen. Doch den Helfer hast du uns gesendet, Tröster, der das Leid zur Freude wendet,
Den Begnader- der di Schuld vergütet. Der den schwachen glimmenden Docht behütet.
Die fünf Männer: Wer noch irrt im Finstern und ihm scheint kein Stern, Der hoffe auf den Namen des Herrn!
Der Erste (spricht nun als Evangelist): Gott sandte seinen Engel aus Nach Nazareth, zu der Jungfrau Maria, Die war einem Manne verlobt. Joseph,
aus Davids Haus. Der Engel trat in ihr Gemach Und grüßte sie und sprach: „Du Gnadenvolle! Du Gesegnete unter
den Frauen!“ Sie erschrak und dachte: Weldi ein
Gruß ist das? Der Engel spricht: „Fürchte dich nicht!
laß dir nicht grauen! Weil du Gnade bei Gott gefunden hast. Du wirst empfangen und einen Sohn gebären,
Den sollst du Jesus heißen. Der soll
Gott gehören Und seiner Herrschaft soll die Welt
kein Ende sehn“. Maria sprach zu dem Engel: --Wie wird
das geschehn, Da ich von keinem Manne weiß?“ Der Engel spricht: „Dich überschattet
der Heilige Geist. Drum, was aus dir geboren ist, Wird heißen Gottes Sohn ur£Ö Hei'iger. Maria neigt sich und sagt: -Siehe, ich bin des Herrn Magd, Wie du redest, so geschehe mir“. Und der Enge! schied von ihr. (Die Instrumente spielen ei - Hirtenniusik. Der Priester tritt vor die Altarstufe und verliest das Weihnachtsevangelium. Die Männer treten
zurück zu dem Licht in der Mitte, entzünden an
ihm ihre Kerzen und stellen sich seitwärts aut Zugleich haben die Mesner die Altarlichter und den Christbaum anzuzünden begonnen )
Der Erste: Siehe, das Licht, das Wort, das
die Welt erschuf, Geht nun ein in die Welt als ein
Freudenruf. Siehe, das Licht war in den Himmel
verschlossen, Nun ist's unter die Menschen
ausgegossen. Gott hat's nicht lassen unter den
Scheffel stellen, Es muß ihm seine ganze Schöpfung
erhellen.
(Dreistimmiger Frauenchor „Es ist ein Ros' entsprungen“. Jetzt verlassen auch die Frauen ihren Platz, treten zum Licht und stellen sich dann seitwärts auf. Hinter ihnen wird die Krippe mit Maria sichtbar. Der ganze Chor, von Instrumenten begleitet, singt: „Ehre sei Gott in der Höhe“. Aus dem Kirchenraum treten von beiden Seiten einzeln und in kleinen Gruppen Hirten mit Stäben auf und gehen zur Krippe hin.)
Erster Hirt: (ein Alter)
Da vorn werd's liacht!
Zweiter: Traust d' füri?
Alter Hirt: I scho,
Mi hot's ins ja gTioaß'n.
Dritter: Is wirkli a so,
Wia's der Engel hat •g'sagt? In der
Krippn a Kind
Alter Hirt: (leise)
Da schaug halt! Da is ja Vierter: Die Muatter unefs Kind! Dritter: Da leit's in der Krippn ...
Vierter: Gehts zuaba!
Zweiter (zögert): Ja, wemma nix ham
Zu'n an Christg'sdienk, und gär nix, und werd so viel hell — Dritter: Des macht nix, jetz samma halt selber zur Stell.
Alter Hirt: (leise)
Net a so umanandsteh! Tuats herknien micsamm.
(Die ersten Hirten knien bei der Krippe nieder. Jetzt beginnt auf der Empore das Lied — gemischter Chor und Instrumente — „Kommet, ihr Hirten, ihr Männer und Fraun“. Von nun an und während der ganzen folgenden Hirtenlieder: „Gelobet seist du, Jesu Christ“, ..Zu Bethlehem geboren ...“. kommen immer weitere Menschen aus dem Kirchenschiff, die Jugend, das ganze Volk zum Altar und zu der Krippe heran, und die vorn sind, knien anbetend nieder.)
Ein Kind (an der Hand eines Hirten): A so a schöns Kind!! Ai'f mi hat's herg'schaut! Alter Hirt; S'sst! Es mecht Schilfa! Tuats net so laut. (Wiegenlied: „Vom Himmel hoch, ihr Englein, kommt“. Nachdem das Wiegenlied verklungen ist, spridit wieder der Priester, von den Altarstufen aus.)
Priester: In unsre Erde ist ein Same gelegt, Der nun aufgrünt und Blüte trägt, Blüte, nicht aus Erdenkraft gekommen. In unser Dunkel fällt ein Licht. Von irdischem Feuer ist es nicht. Es ward vom Ursprung allen Lichts
genommen. Hier ist Größeres, als die Wel. versteht: Der Starke hat sich Schwachheit
angetan.
Der Herrschaft hat. nimmt unsre Knechtschaft an.
Wehrlos. Ein Kind. Begreift es im Gebet.
Die ihr mit Leid und Mühe beladen seid.
Kommt zu der Krippe, von nah, von weit,
Jung und alt, Mann und Fraue. Dieser zwingt euch nicht. Dieser löst die - Haft
Nach den Tagen der Schuld und
Gefangenschaft. Dieser wird euch weiden auf grüner
Aue.
Freude geschieht. Friede. Ihr sollt ihn
euch schenken lassen. Nicht den ihr sucht in der blinden Zeit, Nicht um den wir klagen in unsrer
Verworrenheit — Friede, tiefer als Menschen ihn fassen. Gemeinde. Volk und weite Welt, Hier ist ein Zeichen aufgestellt, Ir. dieser Wintersnacht ist uns das Heil
beschieden. Viel Schuld geschah und Umkehr muß
geschehn.
Das Kind will unsre Herzens Demut sehn.
Kommt zu der Krippe Kniet. Und geht in Frieden. (Gemeinsamer Schlußgesang: „Still- Nacht, heilige Nacht“.)
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