S24_Serenade.jp - © Foto: Kammeroper

„Die stumme Serenade“: Eine amüsante Petitesse

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Korngolds „Die stumme Serenade“ erlebte an der Wiener Kammeroper ihre szenische österreichische Erstaufführung.

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Korngolds „Die stumme Serenade“ erlebte an der Wiener Kammeroper ihre szenische österreichische Erstaufführung.

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Im amerikanischen Exil als Filmkomponist sehr begehrt, versuchte das einstige Komponistenwunderkind Erich Wolfgang Korngold nach 1945 in Europa an seine einstigen Welterfolge anzuknüpfen. Warum nicht mit einem Werk, das an den früheren Glanz der Wiener Operette erinnert, die eigenen Erfahrungen als umjubelter Opernkomponist und die Kenntnis der amerikanischen Musicals zusammenführt?

Wäre dafür nicht ein so skurriler Plot wie Raoul Auernheimers „Die stumme Serenade“ ein ideales Libretto? Diese so amüsante wie an Verwicklungen reiche Geschichte der attraktiven neapolitanischen Schauspielerin Silvia Lombardi (virtuos Jasmina Sakr), die von ihrer Entführung träumt, und des zu ihr in heftiger Liebe entbrannten Modeschöpfers Andrea Coclé (profund Peter Bording). Er bringt ihr eine Serenade ‒ nicht mit der Stimme, aber mit seiner Seele, daher auch der Titel dieses Werks ‒ im Garten ihrer Villa dar. Coclé, bald als Verbrecher verdächtigt, steigt unerwartet zum Ministerpräsidenten auf, entgeht damit seinem bereits sicher scheinenden Tod. Dem Happy End der beiden steht folglich nichts entgegen.

Korngold inspirierte dieses Buch, an dessen Libretto er auch mitgearbeitet hat, zu einer flotten, mit zahlreichen Ohrwürmern und Jazz-Zutaten gespickten Musik. Nicht selten wähnt man sich dabei in die 1920er Jahre zurückversetzt. Das ist auch der Grund, warum der Regisseur dieser szenischen österreichischen Erstaufführung, Dirk Schmeding, die im Original in Neapel um 1820 spielende Handlung um ein Jahrhundert nach hinten versetzt. So lässt sich dieses mit zahlreichen Überraschungen garnierte, pulsierende Geschehen im Stil einer von viel ironischem Augenzwinkern begleiteten, zündenden Revue ablaufen. Weil Schmeding weiß, wie man die Personen durch all die Turbulenzen pointiert führt, genügen einige wenige Kleiderschränke, in und hinter denen man sich gut verstecken kann, als Bühnenbild (Pascal Seibicke), das die einzelnen Orte prägnant suggeriert.

Im Zwergenland der Politik

Glänzend auch die Idee, den bald verstorbenen ersten Ministerpräsidenten Benedetto Lugarini (köstlich Stefano Bernadin) als Zwerg zu zeichnen und ihn auf einer kleinen Hebebühne zu platzieren, damit er, immer wieder hochgefahren, wenigstens auf diese Weise Größe mimen kann. Das provoziert nicht nur Lacher, sondern lässt vor allem darüber nachdenken, auf welche Art so manche Politiker versuchen, die eigenen Schwächen mit unterschiedlichsten Mitteln zu übertünchen. Ingo Martin Stadtmüller führte mit viel Schwung und Witz das klein besetzte Wiener KammerOrchester und erwies sich als einfühlsamer Begleiter für die sich auch tänzerisch produzierenden Protagonisten (Choreografie: Kerstin Ried).

Ein amüsanter, temporeicher Abend, dennoch nur eine Petitesse in Erich Wolfgang Korngolds reichhaltigem Œuvre. Das ist auch der Grund, warum sich diese „Komödie mit Musik in zwei Akten“ ‒ so der Untertitel dieses Musiktheaters ‒ bisher nicht durchgesetzt hat. Übrigens: Die konzertante Uraufführung dirigierte der Komponist selbst: 1951 für den österreichischen Rundfunk.

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