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Festkonzert der Singakademie

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Im Jubiläumskonzert der Wiener Singakademie, deren hundertjähriges Wirken von ihrem Präsidenten Wolfgang Hutterstrasser in schlichten Worten nachgezeichnet und in Ansprachen des Vizebürgermeisters und eines Vertreters des Unterrichtministers gewürdigt wurde, bewies der jubilierende Chor in einer vorbildlichen Wiedergabe der Messe in e-moll von Anton Bruckner die hohe Qualität seiner künstlerischen Arbeit, die mit der Persönlichkeit ihres musikalischen Leiters, Professor Dr. Hans Gillesberger, aufs engste verbunden ist. In sicherster klanglicher Ausgewogenheit und polyphoner Klarheit erfuhr das schwierige Werk eine seiner schönsten Wiedergaben, daran das Bläserensemble der Wiener Symphoniker seinen gewogenen Teil hatte. Durch das Fehlen der Liturgie fehlte allerdings die mystische Tiefenwirkung; dennoch war es eine der sakralsten Wiedergaben im Konzertsaal. Die vorangehende zwölfstimmige Motette „Vir t u t e magna“ von Giovanni G a b r i el i, ein typisches Werk der venezianischen Mehrchörig-keit, war ein festliches Schwelgen in geheimnislosem Wohlklang und gleichsam ein Präludium auf das Kommende.

Chor und Orchester der Wiener Vo Iksk Duze r t e, verstärkt um den Chor der Wiener Verkehrsbetriebe, boten unter der Leitung von Josef Maria Müller eine beachtenswerte Aufführung von Mozarts Requiem, der man allerdings noch kein bedingungsloses Plazet erteilen kann. Es gab manche zu schnelle und viele zu langsame Tempi, der sehr sauber intonierende Chor macht noch jede aufsteigende Linie zum Crescendo und übersteigert die Forti; der absolut spürbare gute Wille zu ernster künstlerischer Arbeit aber dürfte diese Mängel überwinden. Das Ziel der Vereinigung: „Ehrfurcht vor dem Großen“ zu erwecken, wird nur durch gute Wiedergaben erreicht, die dennoch weit entfernt von „Perfektion“ sind. Unter den Solisten fielen Rose Hummel und Erich Kienbacher durch ausgewogene Leistungen auf.

Das Wiener Konzerthausquartett stellte Johannes Brahms' Alterswerk, das Streichquintett in G-dur op. 111, in den Mittelpunkt eines Konzerts. Es blieb auch der Höhepunkt in der Fülle seines psychischen und musikalischen Inhalts und der absolut gebändigten Form. Hans Pfitzners letztes Kammermusikwerk, das Sextett op. 55, zeichnet mit feinem Stift seine melodischen und polyphonen Linien, ist in der klaren Form fast klassisch zu nennen und im Ausdruck von freundlichem Lächeln des Weisen bestimmt. „In modo classico“ nennt sich auch das (seltener gespielte) Streichquartett von Joseph Marx, das in seiner Themengestaltung (nicht aber in ihrer Verarbeitung) tatsächlich an die Wiener Klassiker erinnert und in unbeschwerter Heiterkeit ausklingt. Die Wiedergabe hatte Schwung, Disziplin und Geist,

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