Elektra - © Foto: SF / Bernd Uhlig

Salzburger Festspiele: Gespaltene Seelen, wechselnde Gefühle

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100 Jahre Salzburger Festspiele: Die aufgrund der aktuell geltenden Einschränkungen in erschlankter Form stattfindenden Jubiläumsfestspiele ­eröffneten mit einer mitreißenden „Elektra“ und einer neuen „Così fan tutte“.

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100 Jahre Salzburger Festspiele: Die aufgrund der aktuell geltenden Einschränkungen in erschlankter Form stattfindenden Jubiläumsfestspiele ­eröffneten mit einer mitreißenden „Elektra“ und einer neuen „Così fan tutte“.

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Viel hatte man sich für den heurigen Salzburger Festspielsommer vorgenommen, mit dem man das hundertste Jahr des Bestehens des Festivals feiert. Alleine im Musiktheater zehn Produktionen. Darunter mit Händels „Messias“ in Mozarts Version, Puccinis „Tosca“ und Donizettis „Don Pasquale“ erstmals in der Festspielgeschichte Übernahmen von den übrigen bedeutenden Salzburger Festivals: der Mozartwoche, den Oster- und den Pfingstfestspielen. Eine wohl in Zukunft nicht so rasch realisierbare Zusammenschau des vielfältigen wie vielschichtigen Salzburger Musiktheaterkosmos.

Im vergangenen November der erste Paukenschlag: Mariss Jansons, der sich wohl nicht nur für sich mit „Boris Godunow“ einen lang gehegten Herzenswunsch erfüllt, sondern auch eine der maßstäblichen Produktionen dieses Sommers dirigiert hätte, verstarb, wenngleich schon seit längerem durch Krankheit schwer gezeichnet, plötzlich. Mit Tugan Sokhiev, dem Musikdirektor des Moskauer Bolschoi-Theaters, war bald ein Nachfolger gefunden.

Im März dann der zweite Paukenschlag: das Coronavirus und damit das so plötzliche wie unerwartete Ende allen kulturellen Geschehens.

„Im Zentrum unseres Jubiläumsprogramms stehen die Idee der Gemeinschaft, das Verhältnis des Einzelnen zum Ganzen, der radikale Individualismus und als große Hoffnung die Idee von der Veränderbarkeit der Welt durch eine solidarische Gesellschaft, durch eine neue Menschlichkeit.“ Mit diesen Worten präsentierten im vergangenen Herbst Salzburgs Festspielverantwortliche ihre ehrgeizigen Pläne für ihre Jubiläumsfestspiele im Programmbuch.

Wie aber sollte dies nun realisiert werden, bei all den im Zuge des Coronavirus geschaffenen rigiden Vorschriften, die ein Miteinander auf der Bühne so gut wie unmöglich machen? Kann man einem Schicksal, das einen so unvermutet getroffen hat, nicht trotzen?

Das „Così“-Wagnis

Genau das hatte man sich in Salzburg, kaum war der erste Schock über diese schwierige Situation abgeklungen, vorgenommen. Rasch durchforstete man das Programm, suchte nach Stücken, die nach nur wenigen Darstellern verlangen, überlegte pausenlose Konzertformate, um für künftige Entwicklungen unverzüglich gewappnet zu sein. Dazu gesellte sich ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept für Mitwirkende wie Besucher.

Dennoch blieben bange Fragen: Werden sich all diese Mühen lohnen? Wird die „Begeisterungsgemeinschaft“, wie der Kulturphilosoph Bazon Brock Salzburgs Festspielpublikum einmal apostrophiert hat, auch diesen Sommer Wirklichkeit werden – wenigstens innerhalb einer kürzeren Zeitspanne und mit weniger Besuchern als üblich?
Nach dem ersten Festspielwochenende dürfen selbst Skeptiker einigermaßen ­optimistisch in die Zukunft schauen. Ob allerdings nur für diese Festspiele oder auch schon für die kommende Saison, muss vorerst offenbleiben. Die Erfahrungen, die man in Salzburg dieser Tage machen kann – Veranstalter wie Publikum – sollten jedenfalls die politisch Verantwortlichen überlegen lassen, ob man der Kultur trotz des uns gewiss noch einige Zeit begleitenden Coronavirus nicht doch mehr Möglichkeiten einräumen muss, als es gegenwärtig der Fall ist. Nicht nur out-, sondern auch indoor.

Selbst wenn die Aufführungen diesen Sommer nicht, wie man es in Salzburg gewohnt ist, in ausverkauften Häusern stattfinden werden, der Spannung wie der Begeisterung wird dies, wie die beiden Musiktheaterpremieren bewiesen, wohl kaum Abbruch tun. Dabei gab es nicht wenige, welche der Idee, anstelle der vorgesehenen „Zauberflöte“ eine gekürzte, pausenlose „Così fan tutte“ als zweite Musiktheaterpremiere anzusetzen, ziemlich abwartend gegenüberstanden. Ein Blick in die Aufführungsgeschichte dieses Werks hätte allerdings gezeigt, dass selbst in Salzburg diese diffizile Mozart-Oper nicht immer ohne Striche aufgeführt wurde.

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