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Eine Uraufführung im Schubertsaal
Das erste Streichquartett von Roman Haubenstock-Ramati, in den letzten Monaten des Jahres 1973 geschrieben, wurde im Scbubertsaal des Wiener Konzerthauses durch das Alban-Berg-Quartett uraufgeführt. (Es trägt, wie die vorhergegangenen Kompositionen von Haubenstock-Ramati keine Opuszahl und ist etwa sein 30. Werk.) Das 18 Minuten dauernde Stück ist in sieben Teile gegliedert, die aber nicht, wie man erwarten könnte, ineinander übergehen, sondern sie sind, durch kleine Pausen getrennt, als selbständige Miniaturen nebeneinander gestellt. Jedoch: das zunächst als Mosaik erscheinende Werk formt sich zum organischen Bild: durch subtile Beziehungen der einzelnen Teile untereinander, durch ihre trotz aller deutlichen Verschiedenheit auch bedrn ersten Hören wahrnehmbare Verwandtschaft.
Dieses Mosaikbild hat sogar ein Zentrum, und zwar im mittleren Satz D — wenn wir die Benennung der einzelnen Teile mit A, B, C, D, E, F und G akzeptieren. Um diesen Zentralsatz D, der infolge seines mehr lyrischen Charakters, auch durch das gewissermaßen regelmäßige oder regelmäßigere Pulsieren seiner Bewegung als Herzstück bezeichnet werden kann, gruppieren sich die Teile in konzentrischer Form, so daß A und G, B und F, C und E gemeinsame Strukturen, Beziehungen, ja Ähnlichkeiten aufweisen. So zum Beispiel sind bei der Wiedergabe der Teile C und E, die den Mittelsatz flankieren, einige Unscharfen vorgesehen. Und damit kommen wir zu einem wesentlichen Punkt. Wie in mehreren seiner anderem Kompositionen, hat Haubenstock-Ramati, der als einer der Pioniere der graphischen Notation gelten kann, hier auf diese groß-teils verzichtet und schreibt auch „normale“ Noten. Dafür läßt er aber in der Art der Aneinanderreihung gewisser Elemente den Spielern einige Freiheit.
Der aufs äußerste gespannte hochexpressive und, stellenweise auch lyrische Charakter zeigt sich vielen Produkten der Zweiten Wiener Schule wahlverwandt. Und so war es logisch, die Uraufführung gerade dieses Werkes dem Alban-Berg-Quartett anzuvertrauen, das sich im Umgang mit einer so schwierigen Partitur geübt zeigte, ja stellenweise sogar eine gewisse Routiniertheit erkennen ließ. Ein wunderschöner, elegisch-meditativer Quartettsatz Schuberts aus dem Jahr 1820 erklang quasi als Intrada, mit Haydns Streichquartett d-moll Hob. 111/76 wurde das Konzert beschlossen, das durch eine Voraufführung auch der Jeunesse zugänglich gemacht war.
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