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Einem-Oper in Linz

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Mit der Erstaufführung von Einems „Zerrissenem” hat das Linzer Landestheater dem Komponisten und sich selbst zu einem guten Erfolg verholten. In der richtigen Erkenntnis, daß die Dialektik, der Wortwitz und die Kaustik der Nestroy-Sprache in Musik nicht zu übertragen sind, haben der Textbearbeiter, Boris Blacher, und Einem die Nestroy-Posse in ein Lustspiel verwandelt, dem der tonalitätaergebene Komponist eine möglichst unproblematische, musikalische Fassung in ariosmelodischer und harmonischer Beziehungen gegeben, kantable Terzen- und Sextengänge ä la Italianitä eingebaut und daher sein Publikum nicht mit avantgardistischn Extremen inkommodiert hat. Einem geht dabei mit großem, handwerklichen Können an wirkungsvoller Instrumentation heran, läßt das Orchester bald mit Posaunenassistenz groß auftrumpfen, bald wieder kammermusikalisch säuseln, verhält sich gegen Puccini-Erinncrungen nicht ganz ablehnend und weiß gute bufloneske Ensemblesätze zu schreiben, was wesentlich zur Charakteristik seiner Oper beiträgt. Man hat sich in Linz alle Mühe gegeben, dem Werk einen guten Start zu verschaffen. Das spiegelt sich vor-

dringlich in der musikalischen Einstudierung und Leitung durch den Opemchef Peter Lacovich wider und in der Obsorge, welche er dem zu einem guten Instrumentalkörper herangewachsenen Brucäcner-Orche-ster angedeihen läßt. Wie er sich auf die Herausarbeitung sowohl kräftiger Farbkontraste als auch intim-kamnvermuaikalischer Feinheiten versteht, so ist er auch auf den guten Zusammenhalt oft sdiwieriger, synkopenträchtiger Ensemblesätze und auf eine sängerberücksichtigende Begleitung bedaciit.

Von den Solisten verlangt die Oper als vomehmste Forderung, daß sde sich nicht bloß als Sänger, sondern als Singschauspieler mit ihren darstellerisch oft sehr anspruchsvollen Rollen auseinandersetzen. Am besten kommen damit Paul Wolfrum als „Kapitalist” Herr von Lips mit seinem hübschen Bariton und Leonhard Päckl als Schlossermeister Gluthammer mit seinem kernigen Tenor zu Rande, der eine ein durch seine Fadisiertheit, der andere ein durch sein Eheunglücäc Zerrissener. Zdenek Kroupa als Gutspächter des Lips bejammert seinen kranken Kopf mit dröhnenden Baßtönen, in dem sauberen Freundestrifolium des Zerrissenen macht sich Werner Wruss mit seinem schlagkräftigc-^n Tenor besonders bemerkbar. Der Madame Schleyer lieh Helga Wagner ihren sich immer schöner entwickelnden Mezzo, Jeonne Anna Teal war das liebe, alles wieder ins rechte Lot einrenkende Naturkind Kathi. Nur hätte man beiden Damen die Wortdeutlichkeit der Träger der Herrenrollen gewünscht. Für eine in den richtigen Schwung gebrachte Personenführung setzte sich die Regie Alfred Schönolts erfolgreich ein, Heinz Gallee hatte ein besonders schönes Bühnenbild des ersten Aktes entworfen. Der Applaus für die oftmals vor den Vorhang gerufenen Solisten und den Dirigenten wurde dem zahlreichen Premierflnpublikum beim Erscheinen des Komponisten direkt aus den Händen gerissen. Es war ein stark positiver Abend für die Linzer Opeir.

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