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Messepalast nicht vor 1990

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Die erste Phase des Wettbewerbs um ein Museumskonzept für den Wiener Messepalast ist beendet - im September liegen die Ergebnisse für die „Jahrhundertchance“ vor.

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Die erste Phase des Wettbewerbs um ein Museumskonzept für den Wiener Messepalast ist beendet - im September liegen die Ergebnisse für die „Jahrhundertchance“ vor.

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Vierzehn ausländische Architekten mit Erfahrung im Museumsbau haben bei den mit den Wettbewerbsvorbereitungen betrauten Diplomingenieuren Helmut Kunze, Hermann Tschech und Erich Bramhas ihre Vorstel-

lungen eingebracht, rund 80 Österreicher haben sich an der Ausschreibung beteiligt.

Jetzt werden die Vorschläge geprüft. Zu den Grundbedingungen, die erfüllt werden müssen, gehören in erster Linie die Schaffung einer Ausstellungshalle und die Etablierung des Museums des 20. Jahrhunderts. Priorität besitzt ferner der Fortbestand bereits bestehender Einrichtungen wie des Höhlenforschungsinstituts und des Zentralarchivs des Naturhistorischen Museums, des Tabak

museums und der Ausstellungsräume der Stadt Wien sowie die Erhaltung der Mietwohnungen.

Im September werden die besten sieben bis zwölf Vorschläge veröffentlicht und ihre Verfasser zur Teilnahme an der zweiten Wettbewerbsstufe eingeladen, in der sie ihre Pläne in technisch und finanziell realisierbare Projekte auszuarbeiten haben. Der von einer neunköpfigen Jury ermittelte Preisträger wird dann mit dem Um- beziehungsweise Ausbau des Messepalastes betraut. Nach der gegenwärtigen Vorstellung soll Anfang der neunziger Jahre die so dringend benötigte, mit allen modernen Einrichtungen versehene Ausstellungshalle der Öffentlichkeit übergeben werden.

Bis dahin müssen die Bundesmuseen internationale Großausstellungen in den in viel zu geringer Anzahl zur Verfügung stehenden hauseigenen Sälen präsentieren.

Wie seit Jahren werden daher bedeutende Ausstellungen an Österreich vorbeiziehen, was nicht allein aus Mangel an ausreichend großen, klimatisch entsprechenden und mit allen von den Leihgebern verlangten Si- cherheits- und Brandschutzanlagen ausgestatteten Räumlichkeiten geschieht, sondern auch eine Frage der Kosten ist. Solche Präsentationen gehen nämlich zu Lasten des Museumsbudgets und sind nur dann zu rechtfertigen, wenn sie sich als mindestens kostendeckend erweisen.

Eine solche Kostendeckung erhofft man sich beispielsweise von der im kommenden Herbst im Museum Moderner Kunst vorgesehenen Ausstellung „Hans Hol- lein“, die in Paris mit sensationellem Erfolg gezeigt wurde und die auch hier, leicht modifiziert, ihr Publikum finden soll. Das erwartet man sich gleichfalls von der im September und Oktober im Obe-

ren Belvedere laufenden Schau deutscher Expressionisten und der Festwochen-Ausstellung 1988 über Adolf Loos im Historischen Museum der Stadt Wien.

Sichere Erfolge versprechen „Rudolph II. — Prag um 1600“ im Kunsthistorischen Museum und das „Gold der Skythen“ im Wiener Künstlerhaus zu werden. Die von der Villa Hügel in Essen nach Wien und anschließend nach Prag wandernde Ausstellung über den kunstliebenden Habsburger wird vom November 1988 bis zum Frühjahr 1989 stattfinden. Die Exponate — Gemälde, Graphiken, Skulpturen, geschnittene Steine, Gold- und Silberarbeiten, Uhren, sakrale Gegenstände, Manuskripte und astronomische Geräte — stammen aus dem Kunsthistorischen Museum, aus dem Louvre, aus dem Londoner Victoria und Albert-Museum und von privaten Sammlern. Alle Objekte zusammen präsentieren einen Versicherungswert von 2,8 Milliarden Schilling.

Zum ersten Mal in der westlichen Welt vorgestellt wird hingegen 1988 oder 1989 das in der Leningrader Eremitage aufbewahrte „Gold der Skythen“: Kunstwerke, die in Inhalt, Stil und Technik durch iranische, chinesische und griechische Vorbilder beeinflußt, von dem Steppenvolk der Skythen im ersten Jahrtausend vor Christus geschaffen und von den Kelten der Latėnezeit imitiert worden sind. Greife, Hirsche, Steinböcke, katzenartige Raubtiere, Pferde, Vögel und Fische sowie Mischwesen mythologischer Bedeutung, naturnahe oder extrem stilisiert, sind ihre hauptsächlichen Motive.

Zwischen Österreich und der UdSSR wird derzeit außerdem über eine Wien-Reise von Ikonen sowie von Kunstwerken der Russischen Revolution verhandelt. Aller Voraussicht nach werden diese noch nicht in der neuen Ausstellungshalle in den ehemaligen Hofstallungen zu sehen sein. Nicht so sehr der Ideenreichtum der Museumsfachleute, sondern die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel werden über deren Präsentation entscheiden. „Sie werden“, laut Finanzminister Ferdinand Lacina, „erst erhöht werden, wenn der politische Wille für eine Änderung der Lage der Bundesmuseen vorhanden ist“. „Als Voraussetzung gilt“, so Lacina, „ein geändertes Bewußtsein.“

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