USA: We shall overcome...?
Über das Attentat auf Martin Luther King und das von vielen konstatierte "postamerikanische Zeitalter".
Über das Attentat auf Martin Luther King und das von vielen konstatierte "postamerikanische Zeitalter".
Der Zufall wollte es: Als Martin Luther King am 4. April 1968 im Gewehrfeuer eines weißen Rassenfanatikers verblutete, war ich gerade in Amerika unterwegs. Die Tage sind mir unvergesslich geblieben:
- Zunächst die Schreckstarre und die Scham: Wieder einmal hatte es einen Anwalt strikter Gewaltlosigkeit getroffen.
- Dann die Trennmauern: Kein New Yorker Taxi wollte mich nach Harlem fahren, dem Zentrum der Afro-Amerikaner.
- Dann der 9. April, Begräbnistag: Gemeinsam mit Abertausenden standen wir im Central Park. Der greise Leopold Stokowski dirigierte das „American Symphony Orchestra“. Wir hielten uns an den Händen und sangen „We shall overcome“, die Hymne der US-Bürgerrechtsbewegung, während in Atlanta ein Maultier-Karren den Sarg Kings zum Grab zog, gefolgt von 50.000 Trauernden, einem Regenbogen aller Hautfarben.
Erfolge von oben, Widerstand von unten Was aber dann kam, war schrecklich: Der Hass loderte. Da waren ungezählte Plünderungen und Brandstiftungen, 40 Tote, verkohlte Innenstädte, tausende Häftlinge – und dunkle Gestalten standen bei Nacht in meinem Hotelzimmer. „Welch eine Welt“, klagte eine Zeitung: „Entdeckungen und Fortschritt überall – aber wie in grauer Vorzeit erschlägt Kain seinen Bruder Abel!“
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