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Schwarzspanierhaus und Alte Universität
In der Reihe der Wiener Geschichtsbücher, herausgegeben vom Paul-Zsolnay-Verlag, Wien, dem dieses Unternehmen nicht hoch genug angerechnet werden kann, erschienen zwei sehr interessante Werke. Das eine behandelt die Geschichte des sogenannten Schwarzspanierhauses, das andere die aite Wiener Universität.
Jeder Wiener kennt die Schwarzspanierstraße im 9. Bezirk, in der Nähe des Allgemeinen Krankenhauses, und die wenigsten Wiener wissen, warum diese Straße diesen Namen trägt. Mitten im Dreißigjährigen Krieg berief Kaiser Ferdinand II. spanische Benediktiner aus dem berühmten Kloster Montserrat nach Wien und ließ sie ein kleines Kloster vor den Toren Wiens errichten, am Weg zum Schloß Hernals, dessen Eigentümer als protestantischer Adeliger das Privileg besaß, in seinem Haus einen evangelischen Gottesdienst abzuhalten, der von Scharen evangelisch denkender Wiener besucht wurde. Dieses kleine Kloster, dessen besondere Aufgabe die Pflege des Muttergotteskultes war, sollte diesen evangelischen Strom abzufangen versuchen. Das Kloster erhielt im Volksmund bald den Namen Schwarzspanierkloster, denn nicht weit davon waren spanische Trinitarier tätig, die infolge ihres weißen Habits Weißspanier genannt wurden. (Es ist die heutige Kirche in der Alserstraße.) Während der zweiten Türkenbelagerung wurde das Kloster mitsamt allen Vorstädten auf Befehl Starhembergs niedergebrannt. Nach dem siegreichen Türkenkrieg aber wieder, wenn auch an einer etwas anderen Stelle, errichtet Kaiser Josef hob das Kloster auf und aus dem Klostergebäude wurde ein Wohnhaus. Dieses wurde berühmt als Sterbehaus Beethovens. Dieser ewig herum- zigeunemde weltberühmte Komponist verbrachte hier die letzten Jahre seines Lebens und hauchte auch hier sein Leben aus. 1903 wurde das Haus, nachdem es verschiedene Besitzer gehabt hatte und schließlich vom
Stift Heiligenkreuz gekauft worden war, demoliert. Sehr zum Mißfallen aller Beethoven-Freunde. Ein neues Zinshaus erhob sich an der Stelle des alten Klostergebäudes und von der alten Kirche blieb nur noch die vordere Fassade bis heute stehen, hinter der ein modernes Studentengebäude errichtet wurde. Jeder Freund der Wiener Geschichte, aber auch jeder Freund Beethovens wird dieses Budi, das der Kustos am Historischen Museum der Stadt Wien, Peter Pötschner, verfaßte, mit Vergnügen lesen.
Das zweite Budi, verfaßt von Franz Gail, dem Archivar des Wiener Uni- versitätsarchivs, ist der Geschichte der alten Wiener Universität gewidmet. Gegründet 1365 von Herzog Rudolf dem Stifter, wurde sie erst unter dessen Nachfolger Albrecht III. Wirklichkeit, der in dem Viertel zwischen Wollzeale, Fleischmarkt und
Dominikanerkloster das Wiener „Quartier Latin“ schuf, das in diesem Viertel durch 500 Jahre bis zur Übersiedlung in das neue Universitäts- gebäude am Dr.-Karl-Lueger-Ring im Jahre 1884 verblieb. In diesem Wiener Quartier Latin entstand 1384 das sogenannte Herzogskolleg, 1629 das akademische Kolleg und 1756 die alte Universität, deren Gebäude noch heute der Akademie der Wissenschaften dient Franz Gail schildert nicht nur die Entstehungsgeschichte dieser Keimzelle des kulturellen und wissenschaftlichen Lebens und ihre gelehrten Sensationen, sondern er zeigt auch an einer Fülle von historischen Ereignissen und kuriosen Begebenheiten, wie sehr sich die Bilder einst und jetzt gleichen. Der Gang durch die akademische Kulturgeschichte Wiens wird zu einer wichtigen Informationsquelle über ein sehr aktuelles Thema: Auftrag und Leistung der Universität.
DAS SCHWARZSPANIERHAUS. Von Peter P Ötscher. Paul- Zsolnay-Verlag, Wien. 120 Seiten, 16 A bbildungen. S 120.—. — DIE ALTE UNIVERSITÄT. Von Franz Gail. Paul-Zsolnay-Verlag, Wien. 120 Seiten, 20 Abbildungen. S 120.—.
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