6739523-1966_35_15.jpg
Digital In Arbeit

Veduten und Blumen

Werbung
Werbung
Werbung

„Wahrhaffte“ Abbildungen und „Prospecti“, ebenso kunstvoll wie exakt mit fleißigem Grabstichel geschaffen, zeigt das Historische Museum der Stadt Wien in seiner sehr sehenswerten kulturgeschichtlichen Ausstellung „Das barocke Wien“. Dokumentarische Wahrhaftigkeit in der bildlichen Wiedergabe der architektonischen und topographischen Erscheinungsformen war das Hauptanliegen der Zeichner und Stecher solcher Veduten, angefangen von Daniel Suttinger, der eigentlich als Festungstechniker nach Wien kam und, gleich anderen Zeitgenossen des Wiener Frühbarock, Vogel- schauansichten der Stadt zeichnete. Nach Suttingers Skizzen und map- pierenden Aufnahmen stach später Mauritius Bodenehr die große Überschau über das Wien des Jahres 1683: die Stadt selbst in nüchterner kartographischer Vereinfachung, ringsum aber, in minuziöser Kleinarbeit in die Kupferplatte gegraben, die Zelte und Heerscharen der türkischen Belagerer.

Das hochbarocke Wien, umsäumt von neuen Schlössern, Landsitzen und Lustgebäuden fand in dem Nürnberger Johann Adam Delsen- bach und dem Augsburger Salomon Kleiner legitime Künstler im Dienste der „Wahnhafftigkeyt“. Ihre Blätter, in strenger graphischer Technik, vielfach nach Zeichnungen des jüngeren Fischer v. Erlach entstanden, ergaben in geschlossenen Reihen ein großes Architekturwerk des Bauens innerhalb und außerhalb der Basteien. Über die Naheinstellung ihrer Prospecti spannten Kleiner und Delsenibach einen Himmel mit schönen dramatischen Wolkembildungen, ja, über dem prächtigen Brenner- schen Haus auf dem Alsergrund hebt sich sogar ein Gewitter mit jählings aufspringendem Wind, der in die Mäntel der Fußgänger fährt. Überhaupt die Staffagefiguren samt dem Vordergrundbeiwerk auf diesen Stichen! Sie machen die Blätter zugleich zu einem kleinen barocken wienerischen Theatrum Mundi, mit vielen Gestalten, von den Fratschelweibem bis.zu den kaiserlichen Hartschieren pomphafter Aufzüge, den Karossen und Rösseln und der spanisch anmutenden Bußprozession.

Seine Vollendung erfährt dieser Typ der Vedute in drei der genialen Gemälde Canalettos (Leihgaben des Kunsthistorischen Museums). Den markantesten Platz hat das an kulturhistorischen und erzählerischen Einzelheiten so reiche Bild des Ehrenhofes von Schönbrunn am Tag der Botschaft des Sieges von Kunersdorf. Carl Schütz und Johann Ziegler leiten vom auskliingenden österreichischen Heldenzeitalter in neue Empfindungswelten über. Ihre liebenswürdigen transparenten ko lorierten Stiche runden die Schau im Museum auf dem Karlsplatz ab.

Im theresianischen Hunyady- Schloß, das die Marktgemeine Maria- Enzersdorf vor dem Verfall rettete und beispielhaft restaurierte, stellt das Niederösterreichische Landesmuseum „Blumenbilder des Biedermeier“ aus. Hauptmeister dieses so anmutigen Genres ist im gegebenen Bereich Jakob Alt mit der Folge von Blättern aus seinem gemalten Herbarium. An. liebevoller Vertiefung können Franz Xaver Petter und Joseph Schuster neben ihm in Ehren bestehen. Bei den Exponaten wird die verschiedene Auffassung des biedermeierlichen Blumengebildes deutlich, seien es nun botanisch gültige Studien, feine, an Porzellanmalerei gemahnende Arrangements oder die in einen romantischen Naturausschnitt einkomponierten Blumenstücke. Sinngemäß schließen die Werke zweier zeitgenössischer Künstler an: die lyrischen Aquarelle der 1963 in Rodaun verstorbenen bekannten Dichterin und Malerin Maria Gr eng g, deren Stil zuweilen noch auf die Herkunft aus der Schule Kolo Mosers hinweist sowie die vornehm-konservativen Florismen des in Maria-Enzersdorf lebenden Carlos v. Riefel, der, bewußt abseits von der großen Entwicklung, in einer betont österreichischen Tradition, mit individueller Meisterschaft seinen Platz bewahrt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung