Reise ins Innere
FOKUS"Männer töten" von Eva Reisinger: Die Österreichfahne sollte gebügelt werden
Eva Reisinger Debütroman "Männer töten" beschreibt einen matriarchalen Raum und ist eine Selbstermächtigung in Form einer klugen Racheerzählung.
Eva Reisinger Debütroman "Männer töten" beschreibt einen matriarchalen Raum und ist eine Selbstermächtigung in Form einer klugen Racheerzählung.
Ob diese Triggerwarnung nun schon zum Text gehört oder doch – wie normalerweise – redaktionelles Beiwerk ist, darüber wird man streiten können. Sie liest sich jedenfalls wie ein nur halb lustig gemeinter, augenzwinkernder Kommentar und wird deshalb hiermit als Romanauftakt interpretiert: „In diesem Buch sterben Männer.“ Davor kann man schon mal warnen, so oft passiert das ja nicht, zumindest nicht in diesem Setting. Wenn Männer normalerweise literarisch zu Dutzenden sterben, dann mehr oder weniger heroisch auf dem Schlachtfeld oder als verwegene Mafi osi, einfach so ermordet werden sie aber normalerweise, dieses Wort muss nun schon zum dritten Mal bemüht werden, nicht. Denn normalerweise sind es die Frauen, die getötet werden, in solchen Heerscharen in Fernsehkrimis bis hin zur Femizidberichterstattung, dass es einem fast schon normal erscheint. Männer töten Frauen. Darum scheint es durchaus nicht redundant, nach dem Titel „Männer töten“ in der Triggerwarnung zu präzisieren, wie der doppeldeutige Titel hier gemeint ist: Diese Männer töten nicht, sie werden getötet. Bis Seite 151 geht es allerdings noch recht harmlos zu.
Sollte sich noch niemand die Mühe gemacht haben, die vielen fi ktiven Ortsnamen der österreichischen Anti-Heimatliteratur zu sammeln, wäre das ein lohnenswertes Unterfangen. In diesem Fall heißt das fi ktive oberösterreichische Dorf Engelhartskirchen. Und wieder ist fragwürdig, ob man bei Eva Reisingers Roman überhaupt von Anti-Heimatliteratur sprechen kann, denn wo es in anderen fi ktiven Dörfern von Hintertupfi ng bis Krähwinkel, von Krimmwing bis Liebstatt am See normalerweise spießbürgerlich und reaktionär zugeht, ist in Engelhartskirchen eigentlich alles bestens. Engelhartskirchen ist anders, das fi ndet zumindest Anna Maria, die es im lauten, stressigen Berliner Großstadtalltag nicht mehr aushält. Mehr oder weniger zufällig landet sie in der oberösterreichischen Provinz, weil Hannes, den sie in einem Berliner Club kennenlernt, eben hier einen Bauernhof führt. Aufgeklärte Großstadtfrau landet in einem österreichischen Kaff : Was vorhersehbar erscheint, entwickelt sich ganz anders.
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