Reise ins Innere
FOKUS"Im Blick der beschämten Bäume" von Birgit Müller-Wieland: „Letzter Vorschlag ein Gedicht"
Ernste Themen, Kriege, Krisen, aber auch der Blick auf die glanzvollen Schätze in der Natur und intensives Erleben ziehen durch die neue Lyrik von Birgit Müller-Wieland.
Ernste Themen, Kriege, Krisen, aber auch der Blick auf die glanzvollen Schätze in der Natur und intensives Erleben ziehen durch die neue Lyrik von Birgit Müller-Wieland.
"die Wahrheit / ist schon längst in uns hineingekrochen bei / manchen stürzte sie ins Herz“.
Mit dieser lapidaren Feststellung, deren vibrierender Unterton unüberhörbar ist, unterstreicht die im Salzkammergut geborene Autorin Birgit Müller-Wieland das Themenfeld ihrer neuen Lyrik. In diesen Gedichtband mit dem ungewöhnlichen Titel „Im Blick der beschämten Bäume“ – er ist neben einzelnen lyrischen Kunstprojekten ihr dritter – haben besondere Bewegungen und Erschütterungen in ihrem Leben Eingang gefunden. Die Quellen am Schluss vertiefen den Blick in ihre poetische Arbeit. Es sind Krisen, Kriege, grauenvolle Ereignisse aus der Geschichte und der weltpolitischen Gegenwart, die in dieser aus drei Kapiteln bestehenden Lyrik den inhaltlichen Ton angeben. Daneben finden sich aber auch glanzvolle Momente des Lebens, etwa im Aufgreifen großer und kleiner Naturphänomene.
Handschrift das Eröffnungsgedicht „Mariupol“ zu lesen. Es nimmt Bezug auf die schwarzen Monitore und zerstörten Brutkästen einer ukrainischen Gebärklinik, die symbolisch für den Verlust des Lebens stehen. Seit dem Ausbruch des Krieges haben sich in Europa die weltpolitischen Koordinaten verschoben. Den Beginn der Eskalation markiert als „grausamster Monat“ der Februar: „zwischen Winter und Grün / kriechen Kriege heraus“. Mit sicherem Gespür zeichnet Müller-Wieland in ihren Ukraine-Gedichten das Unsagbare auf: das Leben in Bunkern und Kellern mit schmerzenden Tagen in „Angststaub“ und „sturmheller Luft“. Die Schlafsäcke sind feucht, der Alltag hier unten schwer, während Sorgen und Ängste auch nach oben an die Front fließen zu „Raketen, / Abwehrdrohnen und Fliehwolken“. Vom aktuellen Kriegsgeschehen spannt sich der Bogen zur Geschichte. Auf den Spuren des Filmemachers Stanislaw Mucha sucht man nach der geografischen Mitte Europas.
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