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Jubel, Trubel, Weihnachten

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Schau, Alexander, zwei Engerln!" Am Wiener Christkindlmarkt vor dem Rathaus kommen nicht nur Kinder aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die beiden Engerln verteilen Lose. Gewinnwillige müssen nichts anderes tun, als ihren Namen auf die Rückseite zu schreiben und auf das adventliche Glück zu vertrauen. Zu jeder vollen Stunde werden dann Adventkränze und -kalender, Uhren oder ähnliches verlost.

Ris dahin gibt es viele Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben. Ein Weihnachtsmann dreht seine Runde durch die 138 Hütten. Bei Hütte 137, dem Informationsstand, macht er halt. Er reicht seinen Sack durch das Fenster, die freundliche junge Dame füllt zwei Kilogramm Bonbonmischung in seinen Beutel. „Also, bis später, tschau!" meint er, schon leicht erschöpft. Die Dame an der Information ist seit neun Uhr früh da. Schon vier Jahre sitzt sie täglich 12 Stunden in der Hütte. „Ich bekomme heuer viele positive Rückmeldungen", meint sie. „ Der Christkindlmarkt wird von Jahr zu Jahr schöner, sagen die Leute. Ich sehe keinen Unterschied mehr, ich finde, er ist immer schön." Am Wochenende ist meistens besonders viel los.

„Vorigen Sonntag, da waren so viele Menschen da, da konnte man nicht einmal rein ins Rathaus, aber heute, da ist es angenehm, wegen dem Regen!" Frau Hedwig Huiber steht am Stand 104. Sie hilft ihrem Sohn aus und findet den Abend besonders schön. „Wenn alles beleuchtet ist, der Rathauspark, und der Weihnachtskalender, das schaut besonders lieb aus." Allein 1000 Lämpchen schmücken die Fichte, die heuer vor dem Rathaus steht. Sie kommt diesmal aus der Gemeinde Metnitz in Kärnten und ist 25 Meter hoch. Auch im Stand 104 leuchtet einiges: Immerhin werden hier Kerzen verkauft, mit Vanille- oder Papayaduft, um 25 Schilling. Auch Tee und ätherische Öle gibt es. Huiber kann sich übers Geschäft nicht beschweren, sogar am Heiligen Abend steht sie mit ihrem Sohn noch bis 17 Uhr am Markt. „Aber dann fahren wir zu ihm und seinen Kindern feiern", geht sich ein Weihnachtsfest für die Standler noch aus. „Innen im Rathaus ist es besonders schön, da gibt es auch Märchen, ich geh da mit den Kindern immer hin!" Enkelin Jaqueline schmiegt sich an die Oma.

Am regnerischen ersten Adventsonntag warten etwa 40 Menschen darauf, in die „Christkindlwerkstatt" in der Volkshalle eingelassen zu werden. Durch die Rutzenscheiben sieht man die glücklichen Kleinen basteln, die eingelassen worden sind. Manche Familie in der Arkade ist verzweifelt. Die „Volkshalle" ist ein beliebter Treffpunkt. „Da gibts an Stau!" Ein genervter Vater dreht mit seinem Kleinen gleich wieder um. Immerhin sind es noch drei Sonntage bis Weihnachten, Zeit genug, an einem anderen Wochenende zu basteln.

Um einiges ruhiger geht es auf dem Alt Wiener Christkindlmarkt auf der Freyung zu. Er ist viel kleiner, dementsprechend dicht ist das Gedränge. Für Kinder gibt es hier nicht so viel zu tun. Das Angebot der Stände bietet vor allem Weihnachtsmänner in unterschiedlichsten Varianten. Winzige um zehn Schilling, bis hin zu solchen, die sich bewegen. Sogar Minikrippen in eiförmigen Steinen aus Peru sind um 50 Schilling zu haben. Honig, Kerzen, Vollkornprodukte, Gewürze, Holzspielzeug und stilvoller Weihnachtsschmuck geben dem Markt eine gehobene Weihnachtsatmosphäre.

Still und atmosphärisch geht es auch am Kunstmarkt vor der Karlskirche zu. Er ist ein Geheimtip unter den vielen Adventmärkten Wiens. „Wir haben echte Stammkunden, die jedes Jahr extra hierherkommen," verrät die Verkäuferin von Oswin So-ritz Kerzen. Sie werden aus reinem, giftfreien Bienenwachs von kontrollierten Imkern hergestellt und handgerollt, gezogen oder geschöpft.

„Eine Kerze ist eine ganz besondere Sache, sie riecht nach Honig. Ich würde nie eine einfache Paraffinkerze kaufen!"

„Wir sind der einzige Markt, der ausschließlich reines Kunsthandwerk verkauft!" Frau Eslinger vom Stand Nummer drei ist stolz auf diesen Markt. „Hier ist nichts aus Taiwan!" Sie verkauft in der Hütte ihrer Tochter Salzteigfiguren, vom Pinguin bis zum Weihnachtsmann. Neben ihr steht Resa Pernthaller. Sie ist 29 und zum ersten Mal da. „Wir verkaufen dekorartige Geschenkartikel;" umschreibt sie die kleinen Bilderreliefs, die aus alten Dingen gemacht sind. „Wir sind Recyclerinnen!" Backformen, Trockenblumen, Trachtenknöpfe: alles Alte wird hier stilvoll zu einem Bild verarbeitet.

Sogar der Bäcker hier ist ein Künstler. Dieter Smolle aus Kärnten bäckt in seiner Hütte vor allen, die ihm zusehen wollen. Wunderbare Vollkorn-weckerin oder ganze Laibe Brot entstehen vor den Augen der Weihnachtskäufer. Natürlich gibt es auch Kletzenbrot und echten Kärntner Glühmost. „Guatis!" bemerkt ein zufriedener Kunde. Vom Angebot zwischen traditionell handgeschöpften Kerzen, in Backkunst gefertigtem Brot, Wollpullovern, Musikinstrumenten oder Holzspielzeug und der ruhigen, entspannten Atmosphäre her ist das sicher der gemütlichste, urigste Weihnachtsmarkt Wiens.

Weiters gibt es in Wien noch auf der Mariahilferstraße, am Spittel-" berg, im Heiligenkreuzerhof, in der Fußgängerzone Favoriten, vor dem Schloß Schönbrunn und in der Fußgängerzone Meidlingerstraße Weihnachtsmärkte.

Ein besonderes Service bietet das Internet: Unter der Adresse http:// www.christkindlmarkt.at/deutsch/ wiaweih.htm findet man nähere Informationen, sowie eine Auflistung aller Öffnungszeiten.

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