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Das Ende der Achse Berlin-Rom

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Vor 50 Jahren erreichte der Zweite Weltkrieg seine Wende -Italien kapitulierte am 3. September. Hitlers Plan „Alarich" sah die Besetzung Italiens vor.

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Vor 50 Jahren erreichte der Zweite Weltkrieg seine Wende -Italien kapitulierte am 3. September. Hitlers Plan „Alarich" sah die Besetzung Italiens vor.

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Am 10. Juli 1943 landeten die Alliierten auf Sizilien. Das gab dem Kriegswillen der Italiener den Rest. König Vit-torio Emmanuele III. sondierte mit dem Sieger des Abessi-nienkrieges, Marschall Pietro Badog-lio, Möglichkeiten eines Ausscherens aus der Achse Berlin-Rom.

Unter den Führern des faschistischen Regimes waren die Meinungen geteilt: die eine Gruppe, zu der auch Mussolinis Schwiegersohn, Außenminister Galeazzo Ciano gehörte, wollte den Krieg beenden. Die Radikalen hofften trotz allem, an der Seite Deutschlands am Endsieg teilhaben zu können.

Mussolini hatte auf Drängen seiner Kameraden für den 24. Juli den Faschistischen Großrat einberufen lassen. Im Großrat prallten die Gegensätze aufeinander. „Unter den Verschworenen herrschte Unruhe. Niemand war sicher, ob er den Palazzo Venezia noch lebendig und frei verlassen werde. Einige waren vorher zur Beichte gegangen, andere trugen Pistolen oder Handgranaten in der Tasche", schildert Raymond Cartier die nervöse Stimmung vor der Sitzung. Schließlich unterschrieben 19 von 28 Mitgliedern einen Antrag an den König, den Oberbefehl der Streitkräfte zu übernehmen.

Der 25. Juli 1943 war ein Sonntag. Mussolini erschien am Nachmittag beim König, um ihm zu berichten -aber der hielt ihm vor: „Sie sind der bestgehaßte Mann ganz Italiens. Ich muß von Ihnen Ihren Rücktritt verlangen."Als Mussolini die Villa Sa-voia verließ, wurde er von einem Hauptmann der Carabinieri verhaftet und in eine Kaserne gebracht.

Hitler glaubte noch nicht an die Endgültigkeit des italienischen Umfallers. Als sich am 6. August in Tar-vis Außenminister Joachim von Rib-bentrop und der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, mit ihren neuen italienischen Kollegen trafen, versicherten diese, daß keinerlei Verhandlungen mit dem Feind geplant seien - das Gegenteil war der Fall. Schon am 15. August begannen die Geheimkontakte zwischen Italien und den Alliierten in

Madrid. Am 3. September unterzeichneten in Palermo US-General Dwight D. Eisenhower und die italienischen Unterhändler Giacomo Za-nussi und Giuseppe Castellano die Kapitulationsurkunde.

Die Deutschen ahnten, daß etwas vor sich ging - aber erst am 8. September abends erklärte Eisenhower über alle Radiostationen, daß Italien kapituliert hatte. Daraufhin setzte Generalfeldmarschall Albert Kesselring das Unternehmen „Achse" in Gang, das die Entwaffnung der italienischen Truppen vorsah. Mannschaften und Offiziere aus 80 Divisionen in Frankreich, auf dem Balkan und in Norditalien gerieten in deutsche Gefangenschaft.

Vier Tage nach der Bekanntgabe der Kapitulation, am 12. September,

landeten acht deutsche Lastensegler vor dem Hotel Campo Imperatore auf dem Gran Sasso. SS-Sturmbannführer Otto Skorzeny, gebürtiger Österreicher, meldete Mussolini Hitlers Auftrag, ihn zu befreien. Die italienischen Bewacher verzichteten auf jeden Widerstand.

Am 13. September war Mussolini in Wien, am 14. in München, wo Tochter Edda und Schwiegersohn Ciano - vergeblich - auf spanische Visa warteten. Am 15. traf Mussolini im Führerhauptquartier in Rasten-bürg mit Hitler zusammen.

In Norditalien wurde die „Re-pubblica sociale italiana" ausgerufen. Mussolini sollte wieder alle seine Funktionen einnehmen, Sitz der neuen Regierung war Salo am Gardasee.

Am 8. Jänner 1944 begann in Verona der Prozeß gegen Ciano und fünf weitere Mitglieder des Faschistischen Großrates wegen ihrer Haltung am 25. Juli. Fünf von ihnen, darunter Ciano, wurden am 11. Jänner erschossen - Mussolini war nicht mehr fähig gewesen einzugreifen.

Am 22. Jänner landeten die Alliierten bei Anzio und Nettuno und bildeten einen Brückenkopf. Am 15. Februar legten alliierte Flieger Monte Cassino in Schutt und Asche, obwohl es keinerlei deutsche Verteidigung dort gab. Am 4. Juni fuhren alliierte Panzer in das von den Deutschen geräumte Rom ein. Mitte April stießen die Alliierten über den Po vor. In Mailand verhandelte Mussolini mit dem Erzbischof, Kardinal Ildefonso Schuster, um dessen Intervention beim „Komitee zur nationalen Befreiung" zu erwirken. Ihm wollte er die Kapitulation des Faschismus anbieten, um Milde für seine Anhänger zu erreichen. Es war zu spät. In Mailand brach der Generalstreik aus.

Mussolini versuchte, sich mit einer Wagenkolonne Getreuer unter deutschem Schutz in den Veltlin abzusetzen. Bei Como wurde er von Partisanen gefangengenommen, die ihn heil nach Rom bringen sollten. Doch in Dongo übernahm ein „Oberst Valerio" den Transport -mit einem Befehl des KP-Führers Palmiro Togliatti. Unterwegs ließ er seine Gefangenen - Mussolini und dessen Freundin Clara Petacci - aussteigen und erschoß sie.

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