Danke für den Herzinfarkt

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Stellen Sie sich vor: Sie leben ein schönes Leben (was man am besten an Ihrer Unzufriedenheit erkennt), Sie haben mehr Erfolg als Sie verdienen, und Ihr Kalender ist voll von Terminen, die beweisen, dass Sie sehr wichtig sind - und plötzlich, innerhalb weniger Minuten: Herzinfarkt. Alle wissen, was Ihnen da passiert ist: zuviel gearbeitet, zuviel geraucht, zuviel Gewicht, zuwenig Bewegung, zu großer Stress usw. blablabla. - Das hat er jetzt davon: Alle Termine müssen abgesagt werden (kein Problem, ich war schon bisher kein Terminsklave), Menschen machen sich Sorgen (ich weiß, ich sorge mich ja auch um meine Freunde), keine Zigaretten mehr - aber ich rauch doch schon seit vier Monaten nicht mehr!

Neben mir am Bett sitzt meine Frau, wie immer, wenn ich krank bin. Sie sitzt auch bei mir und hilft mir, wenn ich nicht krank bin, sondern wenn ich einmal wirklich eine Nachtschicht Arbeit einlegen muss, um etwas fertig zu bringen. Und sie sitzt auch bei mir, wenn wir Muße pflegen, nichts tun und nur unseren Rosengarten anschauen. Ich hätte also den Infarkt auch nicht als handfesten (meine Frau hält meine Hand) Beweis gebraucht, um zu begreifen, dass wir eine wunderbare Beziehung geschenkt bekamen.

Wofür hab ich ihn also, meinen Herzinfarkt? Er ist Belohnung für mich: Mir wird in besonderer Weise vor Augen geführt, wie sehr ich geliebt und gebraucht werde, welch wunderbare Familie und welch gute Freunde ich habe - mit fünf Worten: wie sehr mich Gott liebt. Und deshalb sage ich allen, die mich besuchen: Denk ein bisserl dran, so zu leben, dass der Herzinfarkt, wenn Du ihn bekommst, eine Belohnung für Dich ist, weil er Dir vor Augen führt, wie schön Dein Leben ist.

Der Autor ist Wissenschaftlicher Direktor der Joanneum Research Forschungsgesellschaft in Graz.

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