Machoide Untiefen

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Vom Thema Gleichberechtigung hält ein alter Schulfreund von Brigitte Quint offenbar recht wenig. Eine Kolumne über die Herausforderungen des Feminismus.

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Vom Thema Gleichberechtigung hält ein alter Schulfreund von Brigitte Quint offenbar recht wenig. Eine Kolumne über die Herausforderungen des Feminismus.

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Letztens habe ich einen alten Schulfreund angerufen. Wir sprechen zweimal im Jahr miteinander. An meinem Geburtstag im Februar und an seinem im September. Bei unserem jüngsten Gespräch haben wir uns über Corona unterhalten. Ich habe gefragt, wie es ihm ergangen ist. Er hat mir erzählt, dass er über Monate im Homeoffice saß. Wie seine Frau. Auch die Kinder wären größtenteils zu Hause gewesen. „Dann hast du also auch die volle Dröhnung abbekommen“, stellte ich fest.

Der alte Schulfreund verneinte. Er erklärte mir, dass er ein eigenes Arbeitszimmer habe. Tagsüber hätte er sich dorthin zurückgezogen. Nicht er, sondern seine Frau wäre die Leidtragende gewesen. Sie hätte Skype-Konferenzen am Küchentisch geführt, nebenbei das Homeschooling geschupft und ein Kleinkind versorgt. „Hast du ihr nicht geholfen?“, wollte ich wissen. Seine Antwort: „Nein, das geht wirklich nicht. Ich brauche Ruhe für meine Arbeit.“

Das nenne ich mal eine Ansage. Ich war baff – und schwieg. Im Grunde hätte ich unverzüglich die Gleichberechtigungsfrage ausfechten müssen. Sollte frau nicht bei jeder Gelegenheit versuchen, die Ehre einer Geschlechtsgenossin zu retten? Seine Ruhe braucht er, dieser verdammte Macho. Dass ich nicht lache! Seine Gattin ist Managerin in einem Modekonzern. Als ob die keine Ruhe bräuchte.

Meine Rolle in dem ganzen Schlamassel ist allerdings auch klar: Ich habe schön den Mund zu halten. Selbst wenn die Mode-Managerin anfängt, ihrem Mann die Maß Bier ins Arbeitszimmer hinterherzutragen – es geht mich nichts an. Und das ist vielleicht das Schwierigste am Feministin-Sein. Dass man auch andere Lebensentwürfe aushalten muss.

Lesen Sie auch die Quint-Essenz "Friedrich Merz und ich" oder "Ruf mich NICHT an!".

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