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Lenins Verbrechen

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Michael Voslenskys Buch "Moneklatura" war eine Weltsensation.

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Michael Voslenskys Buch "Moneklatura" war eine Weltsensation.

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Als Michael Voslensky kürzlich, 77 Jahre alt, in der Nähe von Bonn starb, wußten nicht mehr viele, welche Bedeutung dieser Wissenschaftler und Schriftsteller hatte: Er war Professor der Akademie der Wissenschaften in Moskau und hat die UdSSB auf vielen Tagungen und aus manchen offiziellen Anlässen in der westlichen Welt vertreten. Er galt als sowjetische Prominenz, wobei seine enorme Bildung, sein Wissen über die Situation seines Landes es als unmöglich erscheinen ließen, ihn mit den Moskauer Parteibamzen in Zusammenhang zu bringen. Als er Ende der siebziger Jahre im Westen blieb und sehr bald durch Kreisky die österreichische Staatsbürgerschaft erhielt, war dieser Schritt sensationell und doch kaum verwunderlich. Was würde Voslensky nun im Westen tun? Kaum jemand erwartete, daß er mit solcher Offenheit ein Buch schreiben würde, das tatsächlich das Bild des politischen und intellektuellen Lebens, das man im Westen vom Sowjetbereich hatte, ganz wesentlich erweitern und verdeutlichen würde: nämlich das Werk „Nomenklatura, Die herrschende Klasse der Sowjetunion” bei Molden 1980.

Dieses Buch wurde eine Weltsensation. Man wußte durch Milovan Djilas' „Neue Klasse” zwar vieles über die neuen Machthaber im Kommunismus, doch die jegliche zaristische Machtvorstellung überschreitende Kategorie von Privilegierung, von totalitärem Lebensstil war bisher nicht für möglich gehalten worden. Bis in kleinste und geradezu phantastische Details des Alltags der absolutistischen Parteiherrscher wurden jetzt zum ersten Mal die Ursachen und Hintergründe mancher Entscheidungen klar. Vor allem die hierarchischen Abstufungen und Usancen innerhalb dieser Nomenklatura und die unendlich verflochtenen Intrigen, die dann außenpolitisch durchschlugen, kamen erstmals an den 'Tag. Als Voslensky sein Buch „Sterbliche Götter” 1989 erscheinen ließ (1991 Ullstein-Taschenbuch), richtete sich seine Offensive gegen Lenin. Während Gorbatschows „Glasnost” war erschütterndes Material im Kreml aufgetaucht, das nicht nur Stalin, sondern vor allem Lenin schwer belastete. Unwiderleglich stand Lenin am Anfang der Verbrechen - eine Tatsache, die auch im Westen keineswegs alle gerne hörten. Voslensky war dabei, noch viele bisher verborgene Fakten in den Moskauer Archiven auszugraben. Die Wahrheit über die UdSSR hat ihm viel zu verdanken.

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