Pogrom

7. Oktober: Wie eine Israelin das Massaker von Be’eri überlebte

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Seit 30 Jahren lebt Adi Efrat in Be’eri nahe der Grenze zu Gaza. Am 7. Oktober wird sie Augenzeugin des Hamas-Massakers im Kibbuz.

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Seit 30 Jahren lebt Adi Efrat in Be’eri nahe der Grenze zu Gaza. Am 7. Oktober wird sie Augenzeugin des Hamas-Massakers im Kibbuz.

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Gegen 6:30 Uhr in der Früh erwacht Adi Efrat vom Knall detonierender Raketen. „Es waren ungewöhnlich viele“, schildert die 51-Jährige. Sofort geht sie in den Schutzraum und schließt die eisernen Fensterläden. Wie immer wartet Efrat einge Minuten ab, bevor sie den Schutzraum wieder verlässt. Auch diesmal denkt sie, dass es das gewesen sei und will zurück ins Bett.

Doch als sie einen Blick auf ihr Smartphone wirft, poppen auf WhatsApp dutzende Nachrichten auf. Etwas stimmt nicht. Wenige Minuten später hört sie Schüsse auf der Straße; jemand textet: „Terroristen im Kibbuz!“.

Während des Angriffs sind von Efrats Familie noch ihr Ehemann Avishai und ihre Tochter Dvir in Be’eri. Da alle drei getrennt voneinander leben, kommunizieren sie über WhatsApp. „Wir entschieden, uns unter allen Umständen leise zu verhalten“, so Efrat. Kein Fernseher, kein Radio, keine Gespräche am Telefon. Um nicht von Kugeln getroffen zu werden, legen sie sich flach auf den Boden. „Jedesmal, wenn ich Schüsse hörte, fragte ich meine Tochter, ob es ihr gut geht“.

Efrat sorgt sich um ihren Ehemann, von dem sie weiß, dass er eine Pistole besitzt. Sie schreibt: „Versuch nicht, ein Held zu sein! Bleib im Schutzraum!“ Gegen 8:00 Uhr ist klar, dass immer mehr Häuser von der Hamas gestürmt und angezündet werden. Efrat liest Meldungen von verzweifelten Nachbarn. Diese berichten, dass die Terroristen versuchen in den Schutzraum zu gelangen, bitten um Hilfe. Nach einer Weile kommen keine Nachrichten mehr von ihnen.

Auch die Sicherheitsbeauftragte des Kibbuz ist hilflos. „Bleibt in euren Schutzräumen und haltet aus“, schreibt sie. Und auch dass die Armee informiert sei, diese kommen werde und sie retten würde.

Die Spezialeinheit meldet hohe Verluste

Gegen 9:00 Uhr textet Efrats Ehemann: „Terroristen im Haus!“. Danach kommt nichts mehr. Gleichzeitig werden die WhatsApp-Gruppen von immer mehr panischen Hilferufen geflutet – es ist klar, dass im Kibbuz ein Massaker im Gange ist. Efrat schließt alle Gruppen. „Ich hielt es nicht mehr aus“, wird sie später erklären. Nach endlosen Minuten meldet sich ihr Ehemann zurück: Zwar sei es ihm gelungen, die Tür zum Schutzraum von innen zuzuhalten, aber jetzt brenne sein Haus und er könne den Rauch riechen, spüre die Hitze. Die Türen der Schutzräume sind zwar feuerfest, aber nicht gegen Rauch isoliert.

Avishai uriniert auf seine Kleidung und stopft sie in den Spalt zwischen Tür und Boden, um den Rauch draußen zu halten. Efrat fleht ihn an, im Schutzraum zu bleiben, nicht das Haus zu verlassen. Andernfalls, so ist sie überzeugt, würde ihn die Hamas erschießen: „Wir beteten, dass die IDF eintreffen mögen, bevor mein Ehemann im brennenden Haus erstickt.“

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