Pinzgauer - © Collage: Rainer Messerklinger (unter Verwendung eines Fotos von iStock/Nastasic)

Mobil und schön wie ein Pinzgauer

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Corona beweist Salzburger Unternehmern, mit ihrem selbst gebauten Elektro-Fahrzeug auf dem richtigen Weg zu sein. Und die Krise liefert zusätzlichen Rückenwind für den Ausbau regionaler Solarstrom-Mobilität.

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Corona beweist Salzburger Unternehmern, mit ihrem selbst gebauten Elektro-Fahrzeug auf dem richtigen Weg zu sein. Und die Krise liefert zusätzlichen Rückenwind für den Ausbau regionaler Solarstrom-Mobilität.

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Ein Pinzgauer kann vieles sein: ein Käse mit intensivem Aroma, ein Militärfahrzeug für schwerstes Gelände, eine ebenfalls gebirgstaugliche Rinderrasse, kastanienbraun-weiß gefärbt, für Milch, Fleisch sowie Zugkraft gleichermaßen geschätzt – und natürlich werden auch die Bewohner des Pinzgaus im Land Salzburg so genannt. Roland Haslauer ist einer von ihnen, und er passt vortrefflich in diese Aufzählung dieser auch in schwierigem Terrain bewährten Pinzgauer Allrounder. Haslauer ist Geschäftsführer des Wirtschaftsberatungsunternehmens GFB & Partner in Zell am See.

Gleichzeitig ist er Netzwerker, Vordenker, Innovations-Macher, Mobilitäts-Manager, Solarstrom-Multiplikator und in den Fußstapfen des berühmten Wahl-Zellers Ferdinand Porsche auch noch Fahrzeugbauer. „Jetzt ist nicht die Zeit, sich wie das Kaninchen vor der Schlange zu fürchten, sondern die gegenwärtige Krise ist für uns auch eine Chance“, sagt Haslauer im Gespräch mit der FURCHE: „Unser regionales Netwerk kann gerade in der jetzigen Situation seine Stärken zeigen, unser Projekt bekommt jetzt noch mehr Rückenwind.“

Erste freie Solarroute

Wenn Haslauer von „unserem Netzwerk“ spricht, meint er den losen Zusammenschluss von gut zwei Dutzend Pinzgauer Unternehmen, vom Schlosser und Tischler über den Sattlermeister bis hin zu Experten für 3D-Druck. Und wenn er „unser Projekt“ sagt, dann redet er von der letzten Ausbaustufe eines mehrstufigen Plans, der aus Salzburg eine Modellregion für Elektromobilität machen soll. Am Anfang stand die „erste freie Solarroute der Welt“. Gespeist wird dieses Ladenetzwerk mit 120 über das ganze Bundesland verstreuten kos­tenfreien Ladepunkten für Elektroautos vom Überschussstrom von rund 30 Bäckereien, Tankstellen, Hotels, Zimmereien u. a., die für ihre Unternehmen Solarenergie erzeugen. Große Autokonzerne ließen Haslauer & Team „dumm sterben“, als er wegen passender Fahrzeuge zur Belebung der Solarroute anfragte.

Die Entwicklung für Elektro-Mobilität laufe in Großstädten und nicht in ländlichen Regionen, bekam er zu hören. Wie anderen Bewohnern von Bergregionen wird auch den Pinzgauern ein ausgeprägter Eigensinn, kombiniert mit Hartnäckigkeit, nachgesagt. Haslauers­ Reaktion auf die Ignoranz aus Ingolstadt oder Stuttgart passte in dieses Muster: „Wenn die Industrie nicht interessiert ist, dann machen wir es selber!“

Als erster Schritt wurde mit Fach­kräften aus der Region ein Elektroroller gebaut. „Ich war selbst erstaunt, wie viel Expertise wir vor Ort haben“, sagt Haslauer. Nach erfolgreicher Inbetriebnahme und gelungenem Testlauf des E-Rollers im eigenen Unternehmen stellte er sich und unserem Wirtschaftsdenken die Frage: „War­um müssen wir immer alles aus China importieren?“ Seine Antwort: „Müssen wir nicht, wir müssen nur wieder mehr Selbstvertrauen in unsere eigenen Fähigkeiten haben. Wir glauben immer sehr schnell, alles ist wahnsinnig schwierig, und delegieren deshalb gerne an Konzerne. Im Grunde ist alles wahnsinnig einfach, wir lassen uns nur weit unter unserem Wert schlagen, anstatt Hirn und Hände einzuschalten.“

Gesagt, getan, denn „Machbarkeit ist eines unserer Prinzipien“, sagt Haslauer,­ „sonst bleibt es ja ein Hirngespinst“. Pinzgauer Kreativköpfe begannen zu rauchen, und die Handwerksfähigkeiten wurden auf die Probe gestellt. Man zerlegte ein Auto, der Nutzen jedes Teils wurde analysiert, Funktion und Design optimiert. „Wir hatten den Vorteil, dass wir uns eigentlich nicht auskennen im Autobau“, sagt Haslauer: „Wir wollten ein neues Fahrzeug schaffen, kein bestehendes verbessern, ­also haben wir auf einem riesigen weißen Blatt Papier begonnen.“ Das Ergebnis regionaler Autobauer-Kunst lässt sich sehen: ein kompakter Viersitzer mit möglichst viel Raum für Fahrgäste und Gepäck, der statt aus 6500 wie bei konventionellen Autos nur mehr aus 1200 Einzelteilen besteht und dementsprechend weniger wiegt. Die Außenhaut kommt aus dem 3D-Drucker. Ein Solarlack soll es einmal möglich machen, Strom für einen Teil des Energiebedarfs während der Fahr- und Stehzeiten selbst zu erzeugen.

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