matura - © Pixabay

Matura: Jenseits von Symbolik und Selektion

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Bildungswissenschafter Stefan T. Hopmann hat in FURCHE Nr. 19 „Die Matura als Schein“ betrachtet. Doch das greift zu kurz, die wahren Probleme liegen woanders. Eine Replik aus Lehrersicht.

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Bildungswissenschafter Stefan T. Hopmann hat in FURCHE Nr. 19 „Die Matura als Schein“ betrachtet. Doch das greift zu kurz, die wahren Probleme liegen woanders. Eine Replik aus Lehrersicht.

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Wir Menschen lieben Rituale. Zu diesen gehört mittlerweile, dass Kundige und weniger Kundige jedes Jahr ihre Meinungen zum Thema Matura veröffentlichen. Der Bildungswissenschafter Stefan T. Hopmann gibt diesem Ritual heuer eine originelle Wendung. Er stellt die These auf, dass die Matura ein überflüssiges Ritual darstelle. Das Prozedere habe mehr mit Schamanentum zu tun als mit … Womit eigentlich?

Hopmanns These ist pointiert formuliert. Aber ich halte sie für eine grobe Vereinfachung. Denn die neue teilzentrale Matura ist in mehrfacher Hinsicht eine Verbesserung gegenüber der früheren Variante. Erstens: mehr Objektivität und Notenwahrheit. Lehrkräfte haben nicht mehr die Möglichkeit, ihren Klassen vorab Prüfungsthemen mitzuteilen – das geschah selbstverständlich immer im Namen der Humanität. Zweitens: ein positiver Washback-Effekt. Die Lehrkraft kann einer fünften Klasse sagen: „Seht her, ich weiß nicht, welche Themen zur schriftlichen Matura kommen, ich weiß nicht, welches Themengebiet ihr bei der ,Mündlichen‘ ziehen werdet. Aber ich kann euch darauf vorbereiten, und niemand wird bevorzugt!“ So kann die Lehrperson zu einem Coach oder einer Lernbegleiterin werden, was die Bildungswissenschaft seit Jahren fordert. Es gibt ein gemeinsames Ziel, eine gemeinsame Vorbereitung.

Sinnvolle Kritik ist angebracht

Das birgt zugegebenermaßen die Gefahr des teaching to the test (vgl. die aktuelle AK-Studie, siehe Seite 16). Andererseits ist das gezielte Vorbereiten etwa in Englisch (monologisches und dialogisches Sprechen) nicht nur kein Problem, sondern sogar höchst wünschenswert.

Sinnvolle Kritik an der nicht mehr ganz neuen Matura ist aber durchaus angebracht. Baustellen sind die schriftlichen Klausuren; etwa in Deutsch, wo Lehrkräfte gezwungen sind, die sprachliche Richtigkeit von Texten ganz schwach zu gewichten. Ähnliches gilt für die Schreibaufgaben bei der Englischmatura. Diese machen nur 25 Prozent der Gesamtnote aus. Fragen drängen sich auch bei den 20-minütigen „Kompensationsprüfungen“ auf, die es ermöglichen, die schriftliche Matura doch noch positiv abzuschließen. Wie reliabel oder objektiv sind solche Leistungsfeststellungen ohne externe Kontrolle, auch in Relation zu einer mehrstündigen schriftlichen Klausur?

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