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Brief #21: Das Verständnis kommt mit dem Lesen

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Ich glaube, dass Menschen, die empfindliche Antennen haben – und das sind nun einmal Dichterinnen und Dichter –, einfach oft sehr kompliziert sind.

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Ich glaube, dass Menschen, die empfindliche Antennen haben – und das sind nun einmal Dichterinnen und Dichter –, einfach oft sehr kompliziert sind.

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Liebe Frau Hirzberger!

Ein wenig erschrocken war ich schon, als Sie in Ihrem jüngsten Brief schrieben, dass Sie sich vor meiner Antwort hinsichtlich unserer Weltschmerz-Debatte gefürchtet hätten. Aber das hat sich ja gleich entspannt, sodass Sie Ihr – offenbar veganes – Frühstück genießen konnten. Apropos vegan: soweit bin ich noch nicht, aber wir sind auf dem Weg. Zumindest gibt es bei uns seit geraumer Zeit nur mehr höchstens zweimal in der Woche Fleisch – was übrigens in meiner Kindheit eine Selbstverständlichkeit war. Und wenn wir schön langsam wieder dorthin zurückkehren, tun wir es bewusst: der Umwelt, den Tieren und uns selber zum Wohle. Aber kein Grund, sich den Jungen gegenüber als bedürftige Nachkriegskinder zu brüsten, für die es „das alles nicht gegeben hat“, wovon heute die Jungen verschwenderisch zu viel hätten. Wir Alten neigen ja dazu, unsere Kindheit als Vorbild von Einfachheit und Sparsamkeit zu verklären, als wären wir Robinson und Freitag in einer Person gewesen – und glücklich, bis uns das böse Wirtschaftswunderschiff endlich in die konsumstrotzende Normalität geholt hat.

Ja wir ändern die Welt Ich bin inzwischen ganz bei Ihnen, wenn es darum geht, nicht bei dem kleinsten Schaden gleich zum Kauf von etwas Neuem zu rennen, sondern es reparieren zu lassen oder ein Loch im Socken – notfalls auch selber – zu stopfen. Übrigens ein Wundermittel gegen Weltschmerz. Letztlich kommt es auf mich an. Und zwar jetzt. Auch wenn es immer nur ein kleines Loch ist, das ich stopfen kann. Dann habe ich nicht das Gefühl, dass ich machtlos bin. Sie deuten es ja auch an: Ja, wir ändern die Welt, wenn wir für unsere Liebsten glücklich sind.

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