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Brief #25: Nein, meine Haut ist keine Betonwand

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In der dialogischen FURCHE-Kolumne "Erklär mir deine Welt" kommen der Hörfunkpionier Hubert Gaisbauer und die Radiojournalistin Johanna Hirzberger miteinander ins Gespräch. Diesmal geht es um Tätowierungen und Widerstand.

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In der dialogischen FURCHE-Kolumne "Erklär mir deine Welt" kommen der Hörfunkpionier Hubert Gaisbauer und die Radiojournalistin Johanna Hirzberger miteinander ins Gespräch. Diesmal geht es um Tätowierungen und Widerstand.

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Liebe Frau Hirzberger!

Sie haben mich sanft darauf hingewiesen, dass ich meine Abneigung gegen Tattoos doch näher begründen möge. Das will ich jetzt tun. Es ist meine „bürgerliche Welt“, die – seit Kindestagen und gewiss nicht vorurteilsfrei – Tätowierungen mit Menschen verbindet, die damit versuchen, echte oder eingebildete Defizite auszugleichen. Selbstverständlich muss es jedem Menschen überlassen bleiben, was er seiner Haut als Botschaftsträgerin zumutet. Ich empfinde die Haut als ein unersetzbares Körperorgan. Um es einem Trend auszusetzen und es mit einer oft rätselhaften Heavy-Metal-Ornamentik zu überziehen, dafür wäre sie mir zu kostbar. Nein, meine Haut ist keine Betonwand. Meine Haut atmet für mich, schützt mich, friert für mich, und sie lässt mich menschliche Berührung spüren, die lebensnotwendig ist wie die Luft.

Nach jüdisch-christlicher Überlieferung ist der Mensch das Ebenbild Gottes, und sein Körper dürfe nicht entweiht werden – wie es im Judentum heißt – mit „geätzter Schrift“. Und die unauslöschlich tätowierten Nummern wurden Symbol vollkommener Entmenschlichung.

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