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Brief #22: Die Rolle von Schönheit

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In der dialogischen FURCHE-Kolumne "Erklär mir deine Welt" kommen der Hörfunkpionier Hubert Gaisbauer und die Radiojournalistin Johanna Hirzberger miteinander ins Gespräch. Im 22. Brief geht es um Barbies und Schönheit.

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In der dialogischen FURCHE-Kolumne "Erklär mir deine Welt" kommen der Hörfunkpionier Hubert Gaisbauer und die Radiojournalistin Johanna Hirzberger miteinander ins Gespräch. Im 22. Brief geht es um Barbies und Schönheit.

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Lieber Herr Gaisbauer!

Haben Sie sich schon den neuen Barbie-Film angeschaut? Ich finde es interessant, nun bin ich in dem Alter und in der Generation, deren Kindheit als „retro“ gilt. Ehrlich gesagt habe ich schon Vorurteile diesem Werk gegenüber. Angeblich soll der Film feministisch sein, vielleicht bin ich also nur zu konservativ? Barbies waren nämlich eigentlich meine Lieblingsspielzeuge. Nicht wegen der schrillen Outfits, die ich sehr geliebt habe, sondern wegen der Storys, die ich mir überlegte. Mein Barbie-Haus war die billige Version vom Discounter aus Pappe, dafür hatte ich sogar ein Barbie Wohnmobil. Zu Ostern habe ich es geschenkt bekommen, ich meine, acht Jahre alt gewesen zu sein. Meine Lieblings-Barbie hatte haselnussbraune Locken, mit Ken wusste ich nie so recht zu spielen. In meinen Aufführungen im Wohnzimmer fehlte der richtige Charakter für ihn. Deshalb habe ich die Puppe eher als Requisit in der Inszenierung „Steinzeit Johanna“ als Hähnchen-Alternative für mein Lagerfeuer verwendet. Und nein, Männerhass war nicht der Grund für die Zweckentfremdung. Also gut, genug von meinen Erinnerungen.

So etwas Sinnvolles wie Löcher Stopfen kann ich leider (noch) nicht. Aber ich versuche mich seit dieser Woche im Häkeln. Welche Funktion mein Erstlingswollwerk haben wird, weiß ich noch nicht, aber die Bewegungsabläufe machen Spaß und sie lenken mich vom Handy ab. Und jetzt zu ihrer Anmerkung auf das Buch „Herzzeit“. Ohja! Ich habe von der FURCHE in den Briefen zwischen Celan und Bachmann gelesen und musste schmunzeln. Auf Ihr Anraten habe ich mich wirklich bemüht. Ich habe „Brandmal“, „Die Krüge“ und „Mandorla“ gelesen – und abgesehen davon, dass mich die Worte schwermütig machen, habe ich das Gefühl, das Wesentliche nicht zu verstehen. In mir kommt der Wunsch nach mehr Kontext auf. Wenn ich also ein Gedichte lese, fühlt es sich manchmal an wie Rätselraten. Soll das so sein?

Beim „Ageism“ erwischt

Momentan lese ich andere Dinge. Für einen Radiobeitrag beschäftige ich mich mit dem Altern und der Rolle von Schönheit. Deshalb war ich diese Woche in einem Wohnheim für Seniorinnen und habe die sogenannten „Faltenrockerinnen“ kennengelernt. Der Name bezieht sich auf den Podcast, den sie wöchentlich veröffentlichen – „Faltenrock FM“. Die Frauen und Männer haben engagiert mit mir über Schönheitsideale in ihrer Jugend, Soziale Medien und ihre momentanen Schönheitserwartungen an sich selbst gesprochen. Interessant fand ich und da habe ich mich wohl selbst beim „Ageism“, also der Altersdiskriminierung, erwischt, dass es so eine vielfältige Bandbreite an Zugängen gab. Ja natürlich, warum sollten ältere Menschen nicht auch diverse Meinungen vertreten, dachte ich mir im Nachhinein. Wahrscheinlich hat das mit eindimensionaler medialer Repräsentation von Personengruppen zu tun. Während also ein paar meiner Gesprächspartnerinnen argumentierten, Schönheit sei im Alter nebensächlich oder gar belanglos, äußerte sich eine Frau klar dazu, dass es ihr wichtig ist, sich hübsch zu machen, und sie es auch in Ordnung fände, dafür einen Eingriff in Kauf zu nehmen. Abseits schöner Gemälde, welche Rolle spielt Schönheit für Ihr Wohlbefinden?

Ihre Johanna Hirzberger

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